Großer Appetit auf Bio-Lebensmittel
In Brandenburg wird so viel ökologisch angebaut wie noch nie
Ohne Hast und ganz entspannt trotten ein Dutzend Holsteinische Milchkühe zum Melkstand im Betrieb von Andreas Paries in Klein Mutz im brandenburgischen Landkreis (Oberhavel). »Sie wissen, anschließend gibt es Futter und dann geht es entspannt ins Freie«, sagt der 40-Jährige. Seit Jahresanfang ist der Grüpa Hof, den er mit Mutter und Bruder führt, ein Öko-Betrieb. »Ich wusste, auf was ich mich einlasse«, sagt der Milchbauer zu den Bedingungen und Voraussetzungen, die er erfüllen muss. Er habe an den Milchpreis für konventionell produzierte Milch gedacht, der einem ständigen Auf und Ab unterliege. »Da fühlte ich mich betrogen«, sagt er. Und: Mit diesen Einnahmen sei das Tierwohl nicht zu sichern.
In Brandenburg werden heute so viele Flächen ökologisch bewirtschaftet wie noch nie: Insgesamt sind es nach Angaben des Agrarministeriums rund 1,3 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Das ist ein Anteil von 14,4 Prozent. Ziel im Land sind 20 Prozent Öko-Landbau bis zum Ende der Legislaturperiode.
Noch hemme aber oft wahnsinnige Bürokratie, die alles in Regelungen presse, die Umstellung auf Öko-Landbau, sagt Henrik Wendorff, Präsident des Brandenburger Bauernverbandes. »Auslegungsfragen und Anordnungen, detaillierte Regelungen und dann noch unterschiedliche Auslegungen in den Ländern. Alles hoch kompliziert und nicht einfach zu durchdringen«, sagt er.
Andreas Paries hatte vor drei Jahren mit dem »Projekt Bio« begonnen. »Ich musste mich zuerst mit den Ackerflächen beschäftigen«, sagt er. Vor dort komme das Futter für seine rund 400 Holsteinischen Milchkühe. »Ab dann hieß es, keine Pflanzenschutzmittel und keine Mineraldünger mehr«, sagt er. Es mussten Maschinen angeschafft werden, um das Unkraut nun mechanisch zu beseitigen. »Die Kühe haben zwei Jahre lang Ökofutter bekommen, aber die Milch galt weiter als konventionell produziert«, sagt er. Die Folge: Erst seit Jahresanfang erhält er nach der Umstellungsfrist nun von seiner Molkerei den höheren Bio-Preis von 49 Cent pro Liter. Bislang waren es 31 Cent. Etwa 23 000 Liter liefert er alle zwei Tage ab.
Das Land stellt Landwirten, die auf Ökolandbau umstellen wollen, Prämien bereit: 935 Euro gibt es etwa je Hektar Gemüse- und Zierpflanzenbau - für Erdbeeren, Spargel, Rhabarber, Heil- und Gewürzpflanzen. Weiter geht es mit 1275 Euro je Hektar für Stein- und Kernobstanlagen und 1125 Euro je Hektar bei Dauerkulturen von Beeren- und Wildobst sowie entsprechenden Baumschulkulturen. Ab dem kommenden Jahr können 310 Euro je Hektar Ackerland beantragt werden. Das Land hat den ökologischen Landbau im vergangenen Jahr 2020 mit insgesamt 34,6 Millionen Euro gefördert.
In Brandenburg wirtschaften nach Angaben des Bundes-Agrarministeriums von mehr als 5400 Betrieben 972 biologisch, Brandenburg liegt damit an der Spitze der ostdeutschen Bundesländer. Mit dabei sind Betriebe der Pilzzucht, Imker, Obst- und Gemüse- sowie Getreideanbauer, Milchviehhalter und Grünlandbewirtschafter. dpa
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