Auf Gummi nur noch Plastik

BVG öffnet wieder die Vordertür an den Bussen, Bargeld wird nicht mehr akzeptiert

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Diesen Montag sind die Flatterbänder in den Bussen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) weg. Nach 16 Monaten wird der Vordereinstieg wieder möglich, aber nicht verpflichtend sein. Auch Tickets können dann wieder bei den Fahrerinnen und Fahrern erworben werden. Allerdings wird kein Bargeld mehr akzeptiert, sondern nur noch kontaktlose Bezahlverfahren mit Plastikkarten oder Handys.

Nach mehreren Anläufen konnte die BVG damit ihren Willen gegenüber den Beschäftigtenvertretungen durchsetzen. Zuletzt war vom Landesunternehmen für den 3. Mai die Wiedereröffnung der ersten Tür angekündigt worden. Zu diesem Zeitpunkt war die Ausrüstung der Fahrerarbeitsplätze von rund 1400 Bussen mit Trennscheiben fast abgeschlossen. Rund 2,1 Millionen Euro hat das Unternehmen nach eigenen Angaben dafür investiert. Eine Untersuchung der Technischen Universität Berlin und der Charité im Auftrag der BVG habe bestätigt, »dass die neu eingebauten Trennscheiben effektiv die Ausbreitung von Aerosolen aus dem Fahrgastraum zum Fahrpersonal verhindern und dieses gut abschirmen«, hieß es damals.

Doch Beschäftigtenvertreter stellten sich quer, es gab sogar eine Demonstration von Busfahrerinnen und Busfahrern vor der BVG-Zentrale. »Viele Kolleginnen und Kollegen sind in Sorge um ihre Gesundheit«, sagte der für die BVG zuständige Verdi-Gewerkschaftssekretär Jeremy Arndt. Zwischenzeitlich hatten die Verkehrsbetriebe weitere Aerosoluntersuchungen in Auftrag gegeben. »Die BVG ist den Forderungen zu 100 Prozent nachgekommen«, sagt Arndt heute zu »nd«.

»Ich freue mich über dieses wichtige Signal an Berlin und an unsere Fahrgäste gleich dreifach«, sagt BVG-Chefin Eva Kreienkamp. »Wir öffnen alle Türen und durchlüften unsere Fahrzeuge damit noch stärker. Unsere Fahrgäste können sich wieder besser im Bus verteilen. Und mit dem kontaktlosen Ticketverkauf testen wir ein modernes Bezahlsystem und gehen damit einen wichtigen Schritt in die Zukunft.«

Das »Pilotprojekt« bargeldloser Fahrkartenkauf im Bus stößt bei den Fahrern auf ein geteiltes Echo, berichtet Gewerkschaftssekretär Arndt. »Es gibt durchaus welche, die die Kasse behalten wollen, weil das ein intensiverer Kundenkontakt ist.« Andere freuten sich wiederum, dass keine Unstimmigkeiten bei der Kassenabrechnung mehr drohen.

»Natürlich passt die Zurückdrängung von Bargeld in die Zeit, als Verbraucherzentrale Sachsen vertreten wir jedoch die Ansicht, dass die Menschen ihr Zahlungsmittel frei wählen können sollten und da gehört das gesetzliche Zahlungsmittel dazu«, sagt deren Bankenexpertin Andrea Heyer zu »nd«. »Die Verkehrsbetriebe dürfen unter Umständen nur bargeldlose Zahlung in ihren Fahrzeugen akzeptieren, sie müssen dann aber auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechend anpassen und in die Beförderungsverträge mit den Kunden wirksam einbeziehen«, so Heyer. Außerdem müsse es für die Kunden Möglichkeiten geben, Fahrkarten auch anderweitig mit Bargeld zu erwerben.

Sie verweist auf die Chemnitzer Verkehrsbetriebe, die ebenfalls bargeldlos arbeiten. Die Änderung dort war im November 2020 angekündigt und im Januar 2021 umgesetzt worden. »Das halten wir für einen viel zu kurzen Zeitraum, damit Verbraucher sich darüber informieren und darauf einstellen können«, so Heyer. Nur bargeldlose Zahlung in Bussen zu akzeptieren, sei »verbraucherunfreundlich, denn für bestimmte Zielgruppen wie beispielsweise Senioren erschwert es die Möglichkeit, an Tickets zu kommen«, sagt die Vize-Vorständin der sächsischen Verbraucherzentrale. »Für besonders kritisch halten wir das in ländlichen Räumen.«

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