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Krisenstab in der Krise
Personalräte beklagen Überlastung - Gewerkschaft fordert Auflösung
In einem Brandbrief haben Personalvertreter*innen eine Überlastung der Beschäftigten im Corona-Krisenstab der Berliner Gesundheitsverwaltung beklagt. Nach anderthalb Jahren Arbeit sei der Krisenstab »ausgelaugt und steckt selbst in der Krise«, heißt es in einem Schreiben des Personalrates der Gesundheitsverwaltung und des Hauptpersonalrates des Landes vom Mittwoch, das »nd« vorliegt. »Die Pandemie ist leider noch lange nicht am Ende, der Krisenstab bereits schon.«
Seit Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020 leisteten die Beschäftigten »in einem erheblichen Maße Mehrarbeit, Überstunden, Rufbereitschaft, Dienst an Sonn- und Feiertagen, an Wochenenden und zu ungünstigen Zeiten«. Die Dauerbelastung fordere gesundheitlich ihren Tribut, Privat- und Familienleben blieben auf der Strecke. »Die Beschäftigten sind zwar weiter hoch motiviert, aber inzwischen am Ende ihrer Kräfte.« Warnsignale und Hinweise seien von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci und dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (beide SPD) bisher ignoriert worden. So könne es nicht weitergehen.
Als Ursachen für die Überlastung des Krisenstabs nennen die Personalvertreter eine »zu große Zahl an pandemiebedingten Aufgaben«, »fehlende Schwerpunktsetzung und Priorisierung von Arbeitsaufträgen«, mangelnde Unterstützung durch andere Senatsverwaltungen sowie ein »respektloses und unangemessenes Verhalten« der Hausleitung gegenüber den Beschäftigten. So werfen die Personalvertreter*innen Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) und ihrer Staatssekretärin Barbara König »spontane Wutausbrüche« und »persönliche Anfeindungen« gegenüber Beschäftigten vor.
Der Personalrat fordert als Konsequenz, den Krisenstab aufzulösen und die Aufgaben in die zuständigen Abteilungen zu überführen. Die Beschäftigten müssten unter anderem durch Überstundenabbau und Abordnung von Mitarbeitern anderer Verwaltungen entlastet werden. Auch brauche es eine bessere Vorbereitung auf künftige längerfristige Krisen, heißt es.
Die Gesundheitsverwaltung will die Vorschläge nun sorgfältig prüfen. »Das gemeinsame Gespräch dazu wird gesucht«, so eine Sprecherin zu »nd«. »Die Gesundheitsverwaltung hat ohne Zweifel bei der Bewältigung der Pandemie die Hauptlast getragen. Für diesen Einsatz gebührt allen erneut Dank. Das hinlässt sicher Spuren und stresst alle Beteiligten.«
Die Gewerkschaft Verdi forderte am Donnerstag in einem Brief an Kalayci und Müller dazu auf, den Krisenstab aufzulösen und zu normalen Arbeitsbedingungen zurückzukehren. Überstunden und Mehrarbeitszeiten seien zwingend abzubauen und Urlaubszeiten auf Wunsch der Beschäftigten zu gewähren, so die Gewerkschaft. »Wir sehen dringenden Handlungsbedarf. Die Beschäftigten müssen entlastet werden«, sagte Andrea Kühnemann, stellvertretende Verdi-Landesbezirksleiterin. »Wir erwarten, dass der Regierende Bürgermeister und die Senatorin reagieren und es zeitnah Gespräche gibt, um gemeinsam tragfähige Lösungen in dieser schwierigen Situation zu finden.«
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünenfraktion, Catherina Pieroth, stellt sich ebenfalls hinter die Beschäftigten, die seit 16 Monaten alles für die Gesundheitsversorgung der Stadt geben würden. »Das kann aber nicht auf ihre gesundheitlichen und familiären Kosten gehen«, so Pieroth zu »nd«. Die Überführung des Krisenstabs in gestärkte nachhaltige Personalstrukturen sei überfällig. »Hierzu müssen schnellstmöglich Gespräche und die nötigen Entscheidungen getroffen werden, um letztendlich auch auf erneute Ausnahmesituationen vorbereitet zu sein«.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Linken, Wolfgang Albers, zeigt sich gegenüber »nd« verwundert über das Timing der Beschäftigten: »Ich kann mir gut vorstellen, dass sie dort hochtourig arbeiten müssen, ich frage mich jedoch, warum der Brief erst jetzt kommt, wo sich die Lage entspannt und die Wahlen bevorstehen.« Er hätte sich gewünscht, dass die Personalräte frühzeitig auf die Missstände hingewiesen und den Gesundheitsausschusses einbezogen hätten, um die Situation gar nicht erst eskalieren zu lassen. Dennoch sei eine Aufarbeitung und Feststellung von Verantwortlichkeiten »dringend notwendig«. »Die muss aber nicht nur das Verhalten der Hausleitung umfassen, sondern sollte auch die inhaltliche Arbeit des Krisenstabs insgesamt kritisch evaluieren.«
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