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Rechte Wahlkämpfer
Systemloyale Parteien setzen bei Dumawahlen auf Rechtsradikale
Fjodor Birjukow beschreibt sich selbst als Journalist und Literaten. Doch bekannt wurde der 43-Jährige vor allem als rechtsextremer Musiker und Sänger. In den 1990er Jahren war er unter dem Pseudonym Wolkow Frontmann der russischen Rechtsrockband Terror. Die Gruppe aus dem Umfeld des Neonazis und skandalumwitterten Metalmusikers Sergej Troizkij erlangte Szenebekanntheit mit Titeln wie »Die Kahlgeschorenen marschieren«, »Hitlers Geburtstag« oder »Ein Skinhead wird begraben«. Mittlerweile sind die Lieder als extremistisch gelistet, ihre Verbreitung in Russland ist somit strafbar.
An einer Karriere in der Politik hindert das ihren Autoren allerdings nicht: Aktuell kandidiert Fjodor Birjukow für die Partei Rodina (Heimat) bei den im September stattfindenden Dumawahlen. Momentan ist die nationalkonservative Kraft mit einem einzigen Abgeordneten im russischen Parlament vertreten.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Als Birjukow-Wolkow der Partei im Jahr 2005 beitrat, schwankte diese noch zwischen radikalem Nationalismus und sozialdemokratischen Ideen. Ein Jahr später vereinigte sich der gemäßigte Parteiflügel mit anderen regierungsnahen und linksnationalen Kräften zur Partei Gerechtes Russland. Birjukow arbeitete in deren Geschäftsführung.
Ende 2011 rief der frühere Rechtsrocker mit anderen Nationalisten die mit dem Zusammenschluss eigentlich aufgelöste Partei unter ihrem alten Namen wieder ins Leben. Allerdings vertrat die ehemals oppositionelle Rodina nun eine betont loyale Haltung gegenüber dem Kreml und ging mit imperialen und sowjetnostalgischen Parolen auf Stimmenfang. Ein Jahr später war Birjukow im Stab der Allrussischen Volksfront (ONF) tätig, einem zu den Präsidentschaftswahlen 2012 von Präsident Wladimir Putin gegründeten Zusammenschluss kremlnaher Organisationen und Parteien.
Von seiner früheren Gesinnung löste sich Birjukow nie vollständig: So firmierte er beispielsweise im März 2015 als Mitveranstalter eines Forums in St. Petersburg, bei dem sich Vertreter mehrerer europäischer rechtsextremer Parteien trafen, darunter die griechische Partei Goldene Morgenröte und die deutsche NPD. Noch im Januar 2020 stand Birjukow mit seinen alten Nazi-Hits auf der Bühne - auf Einladung seines alten Förderers Sergei Troizkij.
Birjukow ist jedoch nicht der einzige Kandidat mit rechter Vergangenheit, der bei dem Urnengang im Herbst antritt. Auch die vor einem Jahr gegründete Grüne Alternative, welche mit lustigen Plakaten und dem provokanten Rapper Slawa KPSS als Kandidaten um die Gunst urbaner Jungwähler wirbt, ist nicht ganz so linksalternativ, wie es auf den ersten Blick scheint. Vorsitzender der Partei, die in ihrem Programm ihre Solidarität mit der Bewegung Fridays for Future bekundet und als vom Kreml inszeniertes Projekt gilt, ist nämlich Rustan Chwostow. Dieser führte einst die 2005 gegründete kremlnahe Öko-Jugendbewegung Mestnye (die Hiesigen) an, welche in den ersten Jahren ihres Bestehens mit aggressiven nationalistischen Aktionen auf sich aufmerksam machte. Dabei forderte Chwostow beispielsweise schon mal die Ausweisung von Migranten im Namen des Umweltschutzes. Heute leugnet er, an der damaligen xenophoben Stimmungsmache beteiligt gewesen zu sein.
Auch Einiges Russland schickt Kandidaten aus dem rechtsnationalen Spektrum ins Rennen. Für die Regierungspartei stürzt sich unter anderem Alexander Borodai in den Wahlkampf um einen Sitz in der Duma. Der Sohn eines bekannten sowjetischen Philosophen ist seit den 1990er Jahren in nationalistischen Kreisen aktiv und berichtete als Reporter aus mehreren Krisengebieten für die Querfrontzeitung »Sawtra« (Morgen). Wirklich berühmt wurde Alexander Borodaj aber im Jahr 2014 als kurzfristiger Premierminister der nicht anerkannten Volksrepublik Donezk. Nach nur vier Monaten im Amt trat er im August 2014 zurück, gründete einen Veteranenverband der Donbass-Kämpfer und arbeitete als Berater für den Investmentfonds des monarchistischen Milliardärs Konstantin Malofejew, der unter anderem das Zarentum wiederbeleben will, die Demokratie ablehnt und mutmaßlich prorussische Separatisten in der Ukraine finanzieren soll.
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