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Mit Rechten studieren?

Bildungseinrichtungen in Deutschland sind kein sicherer Ort für marginalisierte Menschen. Rechte Tendenzen an der Frankfurter Goethe-Universität machen das deutlich

  • Ayesha Khan
  • Lesedauer: 4 Min.

Schon oft und immer wieder musste ich mir die Frage stellen, ob Schulen und Universitäten wirklich sichere Orte für BPoC, für migrantisierte und rassifizierte Menschen, für Juden und Jüdinnen, für queere Menschen oder Menschen mit Behinderung sind. Denke ich zurück, dann kann ich die Frage tatsächlich nicht einfach mit ja oder nein beantworten. Es gab Momente und Situationen, in denen ich mich gut aufgehoben gefühlt habe. Dann aber erinnere ich mich an Tage, die mich bis heute in meinen Albträumen verfolgen. An unserem rassistischen Trauma sind Lehrer*innen, Mitschüler*innen und Kommiliton*innen gleichermaßen beteiligt. An der Schule, wie an der Universität. Lehrende haben genauso Rassismus internalisiert wie andere Menschen.

Schule und Universität oder auch den Ausbildungsbetrieb zu einem diskriminierungsfreien und sicheren Raum zu machen, liegt in der Verantwortung der Einrichtungen selbst. Und das gilt auch für die Goethe-Universität in Frankfurt am Main, an der Studierende ihre Bedenken äußern, weil sie sich schon seit geraumer Zeit, aufgrund rechter Umtriebe auf dem Campus, unwohl fühlen.

Der Khan-Report
Ayesha Khan erzählt Geschichten über das Aufwachsen in einem (post)migrantischen Deutschland. Wie das Land sind diese mal lustig, aber öfter auch traurig.

Anfang 2019 wird bekannt, dass eine Aktivistin der rechtsradikalen »Identitären Bewegung« an der Goethe-Universität studiert. Linke Aktivist*innen verteilen auf dem Campus Flugblätter, um ihre Kommiliton*innen zu warnen. Im April 2019 dann tauchen antisemitische und rassistische Flyer der »Atomwaffendivision« an derselben Universität auf. Der Inhalt ist besorgniserregend. Offene Morddrohungen an Imame und Rabbiner, es wird zum »totalen Bürgerkrieg« aufgerufen. In Köln, in der Keupstraße, tauchen Wochen später ähnliche Flyer auf. Im Mai dann eine kurze Stellungnahme der Universitätsleitung. Alle Universitätsangehörigen werden um »erhöhte Wachsamkeit« gebeten. Welche konkreten Schritte die Hochschule unternimmt, um diesen Vorfall zu prüfen und die Sicherheit und den Schutz aller betroffenen Studierenden zu gewährleisten, sagt sie nicht. Das Statement endet mit einem Link zu den Grundsätzen der Goethe-Universität.

In Kritik gerät auch eine Konferenz der Ethnologie-Professorin Susanne Schröter zum islamischen Kopftuch, zu der unter anderem Alice Schwarzer als Referentin geladen war, die in der Vergangenheit immer wieder mit rassistischen Äußerungen zu Muslim*innen aufgefallen war - genau wie Frau Schröter selbst. Als sich eine Handvoll Studierende im Regen zum Protest versammelt, sehen sie plötzlich Mannschaftswagen von Polizist*innen vor sich. Wer hier vor wem geschützt werden muss, sah die Unileitung anscheinend anders.

Sommer 2021: Der AStA der Goethe-Universität Frankfurt veröffentlicht eine Pressemitteilung. Es geht um Franco A., den ehemaligen Bundeswehrsoldaten. Der Offenbacher hortete Munition und versteckte Waffen, er pflegte nachweislich Kontakte zum rechtsradikalen Hannibal-Netzwerk in der Bundeswehr und hat eine rassistische und rechte Masterarbeit verfasst. Außerdem soll er Terroranschläge geplant haben, zum Beispiel gegen Anetta Kahane, der Vorsitzenden der Amadeu-Antonio-Stiftung. Zudem werden Namenslisten mit weiteren möglichen Zielen bei ihm gefunden.

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Aber wieso befasst sich der Frankfurter AStA mit Franco A.? A. ist eingeschriebener Student der Rechtswissenschaft an der Goethe-Universität. Auch auf dem Campus ist er schon gesehen worden. Zu Recht stellt der AStA die Frage: »Weswegen wurde bisher an der Universität nicht darüber gesprochen, dass ein extrem rechter Soldat mit konkreten Terroranschlagsplänen eingeschrieben ist?« Denn diese Tatsache sorgt nicht nur für Verwirrung und Verunsicherung, sondern - und das besonders nach dem Mord an Walter Lübcke, nach Halle und Hanau - auch für Angst.

Im Oktober geht das Semester los, in Präsenz. Wie stellt sich die Universität das vor? Sollen dann nicht-weiße, muslimische oder geflüchtete Menschen im Seminarraum neben einem Rechtsterroristen sitzen? Wird abgewartet, ob Franco A. zu einer Haftstrafe verurteilt wird oder nicht? Und falls er nicht wegen versuchter Gewalttaten oder Volksverhetzung verurteilt wird, haben diese Studierenden dann automatisch nichts mehr zu befürchten?

Ich wiederhole mich, aber für die Sicherheit und den Schutz marginalisierter Student*innen ist die Unileitung verantwortlich. Und wenn sie dies nicht gewährleisten kann, dann müssen wir über alternative Schutzkonzepte und über Selbstschutz nachdenken.

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