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Brandenburg wirbt fürs Impfen
Kabinett beschließt neue Umgangsverordnung mit zweiwöchiger Maskenpflicht auch an den Grundschulen
Dass er heute noch auf speziellen Pressekonferenzen zur Corona-Pandemie sprechen müsse, hätte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nach eigener Auskunft vor zwölf Monaten nicht gedacht. Zwar könne man die Lage relativ »entspannt« betrachten, sagt er. 5,7 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen hat es zuletzt im Bundesland gegeben. Bei 2,9 lag dieser Wert am 8. Juli, hat sich seither also verdoppelt. Bundesweit hat er sich indes verdreifacht. Sorge bereitet, dass inzwischen 75 Prozent der Infektionen in Brandenburg mit der hochansteckenden Delta-Variante erfolgen.
Deshalb gelte es weiterhin, die Hygieneregeln zu beachten: Abstand halten, Maske tragen, sich testen lassen, wie Woidke am Mittwochnachmittag sagt. Sein rot-schwarz-grünes Kabinett hat zuvor eine neue Corona-Umgangsverordnung beschlossen. Sie tritt am 1. August in Kraft und gilt bis zum 28. August. Kultur- und Sportveranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern sind demnach unter Auflagen wieder möglich. Wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt jedoch die Sieben-Tage-Inzidenz den Wert von 35 überschreitet, wird bei 5000 Personen eine Obergrenze gezogen, die es sonst nicht mehr gibt. Bei Besucherzahlen jenseits der 1000 sind ohnehin Rechenkünste gefragt, da alle Platzkapazitäten darüber hinaus nur zur Hälfte genutzt werden dürfen. Das illustriert die Potsdamer Staatskanzlei mit einem Rechenbeispiel: Bei einer Kapazität von 2000 Gästen könnten 1500 Gäste eingelassen werden (1000 plus 500).
- In den brandenburgischen Krankenhäusern werden 17 Corona-Patienten behandelt. Sechs liegen auf Intensivstationen, vier müssen beatmet werden.
- Binnen 24 Stunden hat sich die Zahl der Neuinfektionen mit dem Virus um 45 erhöht.
- Auch in den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin und Uckermark, in denen in den sieben Tagen zuvor keine einzige Neuinfektion registriert worden war, gab es nun wieder eine beziehungsweise zwei Infektionen.
- Die Zahl der Todesfälle verharrt bei 3817, gerechnet seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020. Die letzten zwei Todesfälle in Brandenburg wurden am 24. Juli gemeldet.
- Binnen sieben Tagen wurden landesweit 5,7 Infektionen je 100 000 Einwohner gemeldet. Bundesweit liegt der Wert bei 15,0. af
»Wir alle können gemeinsam dafür sorgen, dass der Herbst und auch der Winter mit Normalität verbunden sind«, glaubt Woidke. Er appelliert an die Bevölkerung: »Lassen Sie sich impfen für Ihre eigene Sicherheit, aber auch für die Sicherheit Ihrer Familie.«
1,4 Millionen Brandenburger haben bislang ihre Erstimpfung erhalten, 1,2 Millionen sind bereits vollständig geimpft. Das sind 55,4 Prozent beziehungsweise 47,5 Prozent der Bevölkerung. »Von einer Herdenimmunität sind wir damit noch weit entfernt«, bedauert der Ministerpräsident. Dafür müssten mindestens 65 bis 70 Prozent komplett geimpft sein. Bei der Impfquote steht Brandenburg im Bundesvergleich auf dem drittletzten Platz. Gerechnet auf die Einwohnerzahl hat das Land aber auch die wenigsten Impfdosen geliefert bekommen.
Inzwischen sei man mit Impfstoff gut versorgt, sagt Woidke mit Blick auf Lieferschwierigkeiten vor allem zu Jahresbeginn. Eltern sollten nach seiner Ansicht jetzt mit Ärzten beraten, inwieweit ihre unter 18-jährigen Kinder geimpft werden können. Mittlerweile seien zwei Impfstoffe schon für Zwölfjährige zugelassen. Die Ständige Impfkommission sollte sich schnell mit diesem Thema befassen, findet der SPD-Politiker.
Bisher empfiehlt die Kommission die Impfung von Minderjährigen noch nicht - weil die Herdenimmunität auch erreicht werden könne, wenn sich nur die Erwachsenen impfen ließen. Das Land Brandenburg will am Freitag eine Werbekampagne für die Impfung starten und dazu die ersten Plakatmotive und Filme vorstellen. Diese soll die unter dem Motto »Deutschland krempelt die Ärmel hoch« bereits laufende Impfkampagne des Bundes flankieren.
Woidke vermutet, dass einigen Bürgern die Terminvereinbarung zu umständlich ist. Darum begrüßt er Aktionen wie die am Mittwoch an der Universität Potsdam, organisiert von der Stadt und dem Deutschen Roten Kreuz. Auf dem Campus Griebnitzsee konnten sich Studierende ohne Voranmeldung impfen lassen. »Impfungen sind ein entscheidender Baustein für mehr Präsenz im Wintersemester«, hatte Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) dazu erklärt.
Mit dem Schuljahresbeginn am 9. August gilt wie bereits vor den Ferien an den weiterführenden Schulen Brandenburgs eine Maskenpflicht im Unterricht. Zusätzlich wird die Pflicht für zwei Wochen auch an den Grundschulen im Unterricht gelten, teilt Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) am Mittwoch mit. Darüber sei in der Kabinettssitzung intensiv diskutiert worden, berichtet sie. Man wolle mit dieser Maßnahme verhindern, dass sich die möglicherweise von Reiserückkehrern eingeschleppte Delta-Variante in den Grundschulen ausbreitet. Auch bleibe es bei der Testpflicht, erläutert die Bildungsministerin. »Die Schule darf nur betreten, wer sich zweimal die Woche testet.«
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