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Die Landwirtschaft der Zukunft
HEISSE ZEITEN - DIE KLIMEKOLUMNE fordert: Die nächste Bundesregierung sollte den kürzlich vorgestellten Bericht der Zukunftskommission Landwirtschaft ernst nehmen
Machen Sie die Augen zu. Stellen Sie sich vor, Sie sind im Jahr 2040. Nicht in der Stadt, sondern auf dem Land. Wie sieht es da aus? Sehen Sie weidende Kühe? Zwitschern unzählige Feldvögel? Blüht der Mohn und wiegen sich prächtige Bäume im Wind am Ackerrand? Ein schöner Gedanke.
Eine solche Zeitreise unternahmen die Mitglieder der Zukunftskommission Landwirtschaft, zehn Monate lang. An Bord waren 30 Passagiere aus der Wissenschaft, der Land- und Ernährungswirtschaft sowie aus dem Verbraucher-, Tier- und Umweltschutz. Für den BUND durfte ich teilnehmen. Besonders schön: Neben der Landjugend war auch der BUND-Jugendverband BUNDjugend Teil der Kommission.
Die beiden Jugendverbände arbeiteten hervorragend zusammen und bestimmten mit ihrem Leitbild die Richtung der Debatte. Das Zukunftsbild der beiden Verbände ist dem Abschlussbericht vorangestellt. Von dieser Vision wollen sich alle Beteiligten leiten lassen: Die Landwirtschaft soll regional ausgerichtet, der Pestizideinsatz reduziert, die Tiere sollen artgerecht gehalten und Moore wiedervernässt werden. Das Höfesterben wird gestoppt und in den Agrarbetrieben gibt es für die Mitarbeiter*innen gute Arbeitsbedingungen und Löhne. Der Abschlussbericht ist mit »Zukunft Landwirtschaft - eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe« überschrieben. Es geht nämlich nicht nur um die Zukunft von Bäuerinnen und Bauern - es ist unser aller Zukunft.
In über 100 Sitzungen diskutierten die Arbeitsgruppen über angemessene Formulierungen und erarbeiteten zahlreiche Kompromisse. Zahlen über den Artenschwund, den Beitrag der Landwirtschaft an den Treibhausgasemissionen, das Höfesterben, das Einkommen oder die Nitratbelastung der Gewässer wurden analysiert. Allen war klar: Es kann nicht so weitergehen wie bisher. Daher kann ich nicht nachvollziehen, warum Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner den Abschlussbericht als »Rückenwind« für ihre Agrarpolitik empfindet.
Ohne Unterstützung klappt die Transformation der Landwirtschaft nicht. Bäuerinnen und Bauern sollen für ihre übergesetzlichen Leistungen zum Schutz von Biodiversität, Umwelt und Klima honoriert werden. Für diese Agrarwende sind sieben bis elf Milliarden Euro pro Jahr notwendig. Vergleicht man diesen Betrag mit den über 90 Milliarden Euro, die von der Landwirtschaft momentan an externen Kosten - also Schäden an Umwelt, Gewässern, Böden etc. - verursacht werden, dann wäre das gut investiertes Geld. Klar ist, das Geld kann weder von der Landwirtschaft noch von den Verbraucher*innen alleine aufgebracht werden. Fördermittel müssen neu genutzt werden - so die Milliarden der EU-Agrarpolitik. Der gut an der Ernährung verdienende Handel hat seinen Beitrag zu leisten, die Lebensmittelpreise müssen steigen.
Das hat soziale Folgen. Das Gremium ist sich einig, dass einkommensschwache Haushalte nicht überstrapaziert werden dürfen. Der Regelsatz der Grundsicherung für Ernährung muss entsprechend steigen. Zudem fordert es ein kostenloses, qualitativ hochwertiges Kita- und Schulessen.
Die Zukunftskommission hat deutlich gemacht, wie wichtig eine Transformation im Agrar- und Ernährungsbereich ist. Auf 190 Seiten empfiehlt sie viele Maßnahmen, um das Zukunftsbild zu erreichen. Das meiste davon wird vom BUND seit Jahren gefordert, von der Wissenschaft seit Langem empfohlen. Neu ist allerdings, dass gemeinsame Lösungswege von Verbänden gefunden wurden, die bisher eher über Demos und Megafone gegeneinander kommuniziert hatten.
Damit bietet die Zukunftskommission der nächsten Bundesregierung vielfältige Vorschläge an, Maßnahmen für eine nachhaltige Landwirtschaft umzusetzen. Die künftige Agrarpolitik muss im Einklang mit den klima- und umweltpolitischen Zielen stehen, den Agrarbetrieben eine ökonomische Perspektive ermöglichen, für eine artgerechte Tierhaltung und reduzierte Viehdichten sorgen und die Fördermittel zugunsten gesellschaftlicher Leistungen ausrichten. Dieser Bericht kann der erste Schritt auf dem Weg zu einem Gesellschaftsvertrag über eine zukunftsfähige Agrar- und Ernährungspolitik sein. Er ist eine gute Blaupause für den Koalitionsvertrag nach der Bundestagswahl im September.
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