Tennisprofi Zverev gelingt Sensation

Hamburger hat nach Sieg gegen Novak Djokovic Silber sicher

  • Kristina Puck, Tokio
  • Lesedauer: 3 Min.

Alexander Zverev weinte. Er saß nach der von ihm gerade vollbrachten Sensation minutenlang tief bewegt auf seiner Spielerbank, das Gesicht tief im Handtuch vergraben. Sehr überraschend war der Hamburger ins Finale eingezogen und könnte nun als erster deutscher Tennisspieler im Männer-Einzel Olympiasieger werden.

Mit einer herausragenden Leistung gewann der 24-jährige Hamburger am Freitag sein Halbfinale nach 2:03 Stunden gegen den serbischen Weltranglistenersten Novak Djokovic mit 1:6, 6:3, 6:1. «Ich habe jetzt eine Medaille. Die ist nicht nur für mich, sondern fürs ganze deutsche Team. Das ist ein wahnsinniges Gefühl», sagte Zverev nach seinem Sieg. Damit hat er die erste Einzelmedaille seit Silber von Tommy Haas vor 21 Jahren sicher und greift am Sonntag nach Gold. Im Endspiel gegen den Russen Karen Chatschanow ist er diesmal sogar Favorit. «Letztlich steht er im Finale, weil er tolles Tennis zeigt. Es wird also kein einfaches Match sein», sagte Zverev dazu.

Einfach war es auch im Halbfinale nicht, ganz im Gegenteil. «Das war mit Sicherheit einer der emotionalsten Siege meiner Karriere, sagte der völlig geschaffte Zverev. Auf dem Centre Court hatte die deutsche Nummer eins gegen den in diesem Jahr überragenden Star der Tenniswelt ab Mitte des zweiten Satzes eine ganz starke Leistung abgeliefert. Dabei hatte erst ein Wutanfall des Weltranglistenfünften zur Wende geführt, als es schon nach einer sicheren Niederlage aussah. Zverev hatte im zweiten Satz sein Aufschlagsspiel zum 2:3 verloren, ließ dann seinem Ärger Luft und schlug einen Ball hoch aus der Arena hinaus.

Die Szene schien wie ein Weckruf für den US-Open-Finalisten von 2020. Zverev drehte auf: Plötzlich gelang ihm eine Serie von 12:1-Punkten - und der Satzausgleich. Im entscheidenden Durchgang machte Zverev gegen den 20-fachen Grand-Slam-Sieger und Bronzemedaillengewinner von 2008 dann so weiter, lag schnell mit 4:0 vorn und verwandelte wenig später seinen zweiten Matchball.

Als Genießer der olympischen Atmosphäre wandelt Debütant Zverev in Tokio nun auf den Spuren deutscher Tennisgrößen. Steffi Graf gewann 1988 Gold und vier Jahre später Silber. Vor fünf Jahren feierte auch Angelique Kerber die silberne Plakette. Haas hatte 2000 in Sydney das Endspiel erreicht. Und egal wie seine letzte Partie in Tokio am Sonntag ausgeht, schon jetzt hat Zverev ein wichtiges Zeichen in seiner Tenniskarriere gesetzt.

Als Nebeneffekt verdarb Zverev seinem Gegner zudem die Chance auf einen historischen Meilenstein. Djokovic wollte in diesem Jahr die Möglichkeit auf den Golden Slam ergreifen, dazu fehlten ihm nur noch das Olympiagold und der Titel bei den US Open im September. Seine Siege in Melbourne bei den Australian Open, in Paris bei den French Open und in Wimbledon zeigten, wie schwierig es ist, den Serben zu besiegen. Der Golden Slam bleibt nun aber weiter ein einmaliger Erfolg von Steffi Graf 1988.dpa/nd

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