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Was passiert mit Hartz IV?
Bürgergeld, Garantiesicherung, Mindestsicherung – für das Arbeitslosengeld gibt es einige Pläne
In der nun fast anderthalb Jahre andauernden Corona-Pandemie haben viele Menschen mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Zahlreiche Menschen mussten erstmals in ihrem Leben Arbeitslosengeld beantragen, zeitgleich stieg die Anzahl der Langzeitarbeitslosen. Andere haben ständig Angst, ihren Job zu verlieren oder plötzlich wieder in Kurzarbeit gehen zu müssen. Die Coronakrise hat die finanzielle und soziale Ungleichheit weiter verschärft. Die Ärmeren sind von der Pandemie härter als die Reicheren betroffen. Trotzdem finden sozialpolitische Debatten im aktuellen Bundestagswahlkampf kaum statt. In den Wahlprogrammen der Parteien wird jedoch deutlich: Hartz IV, so wie es ist, will niemand mehr. Gleichwohl gibt es natürlich enorme Unterschiede.
So will die Union an dem Prinzip des Förderns und Forderns festhalten. Die Sanktionen, also die Möglichkeit einer Kürzung der Grundsicherungsleistung, sollen bestehen bleiben. Verändern wollen CDU und CSU jedoch die Anrechnung beim Einkommen, um »mehr Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung« zu setzen. Bisher können Hartz-IV-Beziehende lediglich 100 Euro ihres Zuverdienstes im Monat komplett behalten.
Im Wahlprogramm der SPD sucht man die Begriffe »Hartz IV« oder »Arbeitslosengeld II« vergeblich. Elegant werden sie umschifft. Vielleicht, um keine Erinnerungen an die Hartz-IV-Einführung durch die SPD zu wecken? Jedenfalls will die Partei nun nichts mehr davon wissen, im Wahlprogramm ist nur noch vom »Bürgergeld« die Rede, das noch entwickelt werden soll. »Die Regelsätze im neuen Bürgergeld müssen zu einem Leben in Würde ausreichen und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen«, heißt es. Konkreter wird die SPD nicht. Vermögen und Wohnungsgröße sollen innerhalb der ersten zwei Jahre nicht mehr überprüft werden. Das »Schonvermögen«, also das Geld, das Erwerbslose angespart haben und behalten dürfen, soll erhöht werden. Die Sanktionen hingegen bleiben im Bürgergeld bestehen, es ist von »Mitwirkungspflichten« die Rede. Lediglich »sinnwidrige und unwürdige« Sanktionen will die SPD abschaffen.
Auch die FDP schreibt in ihrem Wahlprogramm, dass sie das Schonvermögen erhöhen und die Zuverdienstgrenze anheben will, insbesondere für Jugendliche. Ihr Einkommen soll bis zu einer Höhe von 450 Euro im Monat nicht auf Hartz IV angerechnet werden. Die FDP will zudem ein »liberales Bürgergeld« einführen, in dem Hartz IV, die Altersgrundsicherung, Hilfe zum Lebensunterhalt und das Wohngeld in einer Leistung zusammengefasst werden.
Die Grünen wollen Hartz IV abschaffen. In ihrem Parteiprogramm ist von »Garantiesicherung statt Hartz IV« die Rede. Die Sanktionen sollen beendet, die Regelsätze in einem ersten Schritt um 50 Euro angehoben werden. Der Hartz-IV-Satz für Alleinstehende liegt aktuell bei 446 Euro im Monat und würde dann auf 496 Euro steigen. Nach Berechnungen von Wohlfahrtsverbänden wäre das jedoch immer noch viel zu wenig.
Die Forschungsstelle des Paritätischen Wohlfahrtsverbands hatte im vergangenen September berechnet, dass Alleinstehende einen Regelsatz von 644 Euro im Monat benötigen, um nicht in Armut leben zu müssen. Auch die Diakonie schlug kürzlich eine grundsätzliche Reform der Hartz-IV-Berechnung vor: Die monatlichen Leistungen für einen alleinstehenden Erwachsenen müssten bei 579 Euro liegen.
Neben der Regelsatzerhöhung um 50 Euro wollen die Grünen auch, dass Jugendliche in leistungsbeziehenden Familien ohne Anrechnung Geld verdienen dürfen. Ebenso sollen die Anrechnungsgrenzen für Erwachsene erhöht werden, genauso das Schonvermögen. Darüber hinaus wollen die Grünen eine Kindergrundsicherung einführen, um Kindergeld, Kinderfreibeträge, Kinderzuschlag, das Sozialgeld für Kinder und die Bedarfe für Bildung und Teilhabe zusammenzufassen. Mit der Kindergrundsicherung sollen alle Minderjährigen einen festen Garantiebetrag erhalten. Diejenigen in Familien mit geringem oder gar keinem Einkommen sollen zusätzlich einen GarantiePlus-Betrag erhalten.
Auch die Linkspartei will Hartz IV abschaffen und es durch eine bedarfsgerechte individuelle Mindestsicherung ohne Sanktionen ersetzen. 1200 Euro muss diese Mindestsicherung laut dem Linke-Wahlprogramm betragen, um vor Armut zu schützen. Darin sind dann aber, anders als bei den Hartz-IV-Regelsätzen, auch die Wohnkosten enthalten. Kurzfristig will die Linke eine Anhebung der Regelsätze auf 658 Euro plus Wohn- und Stromkosten in tatsächlicher Höhe. Tickets für den Personennahverkehr sollen für Erwerbslose perspektivisch nichts kosten. Zusätzlich will die Linke, dass langlebige Gebrauchsgüter im Bedarfsfall gezahlt werden und dass einmalige Leistungen für die digitale Anbindung eingeführt werden – für Schulkinder 500 Euro.
Bürgergeld, Garantiesicherung, Mindestsicherung: Die Parteien wollen also sehr unterschiedliche Veränderungen beim Arbeitslosengeld. Ob sich für Betroffene wirklich etwas bessern wird, bleibt fraglich. Erst kürzlich hatte der Paritätische angesichts der Lohnentwicklung in der Pandemie davor gewarnt, dass im kommenden Jahr für Beziehende von Hartz IV ein noch größerer realer Kaufkraftverlust als aktuell drohe. Nicht einmal die allgemeinen Preissteigerungen werden für Erwerbslose bisher ausgeglichen.
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