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Unbezahlter Urlaub
Arbeitsagentur: 2020 erhielten 5800 befristet angestellte Pädagogen in den Sommerferien keinen Lohn
Im Bereich der befristeten Verträge ist der Lehramtsstudent Vango S. aus Hamburg schon ein alter Hase. Er weiß, dass er mit seiner Schulleitung besser einen Vertrag als »Vertretungslehrer« als einen über einen »Lehrauftrag« aushandelt. Der feine Unterschied: Für Vertretungslehrer sind die Ferien bezahlt, bei einem Lehrauftrag geht man in den Sommerferien leer aus. Die Stadt Hamburg würde ihn dann zwar direkt nach den Sommerferien wieder einstellen – die rund sechs Wochen dazwischen aber nicht bezahlen. Die Hansestadt ist damit offenbar in schlechter Gesellschaft anderer, oftmals wohlhabender Bundesländer.
In einer aktuellen Auswertung kommt die Bundesagentur für Arbeit (BA) zu dem Ergebnis, dass die Zahl der arbeitslos gemeldeten Lehrer in den Sommerferien sprunghaft ansteigt – wieder mal. Unter dem Punkt »Phänomen der Ferien-Arbeitslosigkeit« konstatiert die Behörde, dass »regelmäßig mit Beginn der Sommerferien (...) der Arbeitslosenbestand stark« ansteigt. Die Begründung liefert sie auch gleich mit: »Die Hauptursache dürfte in befristet geschlossenen Arbeitsverträgen und Referendariaten zu suchen sein.«
Insgesamt betraf dies während der Sommerferien 2020 rund 5800 Lehrkräfte. Die meisten Meldungen wurden in Baden-Württemberg und Bayern verzeichnet – dicht gefolgt von Hamburg. Verwunderlich, hat doch das Forschungsinstitut Prognos nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) jüngst erneut einen enormen Bedarf an Lehrern ermittelt. An den Grundschulen fehlen demnach 50 000 Lehrer, in den allgemeinbildenden Schulen 40 000 und an den berufsbildenden gar 160 000 Lehrkräfte bis 2030.
»Es ist ein Skandal, dass die Länder trotzdem weiter an ihrer Hire-an-Fire-Politik festhalten«, empört sich die GEW-Vorsitzende Maike Finnern. »Schülerinnen, Schüler, Eltern und Lehrkräfte zahlen die Zeche für diese Strategie, weil die Qualität des Unterrichtsangebots dadurch leidet«, sagte sie am Dienstag in Frankfurt am Main. Finnern verwies zudem auf eine hohe Dunkelziffer von Pädagogen, die sich gar nicht erst arbeitslos melden, da sie ohnehin keine Leistungen vom Amt bekommen oder weil sie auf einen Anschlussvertrag nach den Ferien hofften.
Ralf Becker, im GEW-Bundesvorstand für Berufliche Bildung und Weiterbildung zuständig, konkretisiert die Zahlen gegenüber »nd« am Beispiel Hamburgs: »Die Bezahlung oder Nichtbezahlung der Sommerferien ist sehr uneinheitlich. Während man in Hamburg an berufsbildenden Schulen in der Regel weiterbezahlt wird, ist dies an Gymnasien oft nicht der Fall. Und dann variiert es noch von Vertrag zu Vertrag.«
Das Vorgehen richte sich nach der Nachfrage. Während die Gymnasien ihren Bedarf an Lehrkräften noch gut decken könnten, kann der Lehrermangel an berufsbildenden oder anderen allgemeinbildenden Schulen ohne Aushilfskräfte nicht mehr aufgefangen werden. Und so werden Junglehrer an den Gymnasien eben vor den Ferien entlassen und direkt danach wieder eingestellt. »Diese fehlende Wertschätzung nimmt man dann mit in den Beruf«, warnt Becker. Den Personalräten seien die Hände gebunden, da sie nicht ohne Weiteres gegen die Teilzeitbeschäftigung intervenieren könnten. Viele Schulen stünden dann ohne Vertretungskräfte da und müssten die Lücken allein stemmen.
Die GEW fordert aus diesem Grund schon seit längerem eine Besetzung der Stellen so, dass sie 110 Prozent entspricht, damit die Schulen Krankheitsfälle effektiv auffangen können. Und zwar mit fest angestellten Pädagogen. »Lehraufträge und Vertretungsverträge sind nur Flickwerk«, sagt Becker. Schulen seien zudem heutzutage auch keine reinen Bildungs-, sondern eher Erziehungsanstalten. Und dafür brauche man Personal, das verbindlich für die Schüler da ist.
Vango S. hat unterdessen das Spiel durchschaut. An seiner Stadtteilschule herrscht immer ein enormer Bedarf, sodass er die Sommerferien hindurch immer problemlos bezahlt wird. Gerade muss er aber sowieso pausieren. Bei seiner nächsten Teilzeitanstellung hätte er einen Anspruch auf Festanstellung. Und die möchte man einem Studenten nun wirklich nicht anbieten.
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