- Politik
- Afghanistankrieg
Protest gegen Abschiebungen in Bürgerkrieg
Die Bundesregierung lässt sich Zeit mit einem generellen Abschiebestopp Richtung Afghanistan
Am Dienstag forderten Amnesty International und 25 weitere Organisationen einen sofortigen Abschiebestopp für abgelehnte Asylbewerber. »Auch Deutschland darf die Augen vor der sich immer weiter verschlechternden Lage in Afghanistan nicht verschließen und muss alle Abschiebungen einstellen«, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die unter anderen Pro Asyl, Brot für die Welt und die Arbeiterwohlfahrt unterzeichnet haben. »Rechtsstaat heißt, dass menschenrechtliche Prinzipien eingehalten werden. Sie dürfen auch nicht in einem Wahlkampf zur Verhandlung gestellt werden.«
Auch die EU-Botschafter in Afghanistan empfehlen wegen der sich massiv verschlechternden Sicherheitslage, Abschiebungen in das Krisenland vorerst auszusetzen. Angesichts des sich verschärfenden Konflikts, der prekären Sicherheits- und Menschenrechtslage sowie des Mangels an sicheren Räumen im Land werde empfohlen, eine vorübergehende Aussetzung von Zwangsrückführungen aus EU-Mitgliedstaaten nach Afghanistan zu erwägen, heißt es in einem am Dienstag an die Mitgliedsstaaten versendeten Bericht der EU-Missionschefs in Kabul, der der Deutschen Presse-Agentur in Auszügen vorliegt.
Lesen Sie auch den Kommentar »Zynisches Lagebild« von Daniel Lücking
Nach dem weitgehend ungehinderten Vormarsch der Taliban im Norden Afghanistans befinden sich immer mehr Menschen auf der Flucht. Das Deutsche Rote Kreuz spricht von 4000 Verletzten in den letzten zehn Tagen. Nachdem am Wochenende die Provinzhauptstadt Kundus nach Kämpfen von den Taliban als erobert angesehen wird, rücken diese nun in die Region um den ehemaligen Bundeswehrstandort Masar-e Scharif vor.
Nach einer Unterrichtung der Obleute im Verteidigungsausschuss des Bundestages forderte der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Tobias Pflüger, die Bundesregierung auf, Abschiebungen nicht mehr durchzuführen.
»Ich fordere explizit das SPD-geführte Auswärtige Amt auf, die Lageberichte über Afghanistan zu ändern und die Lage realistischer zu beschreiben«, teilte Pflüger mit. »Afghanistan ist nicht nur aufgrund des Vorrückens der Taliban im Zustand kurz vor einem Bürgerkrieg.« Die unrealistischen Lageberichte des Auswärtigen Amtes dürften keine Grundlage für die Entscheidungen mehr sein. »Sichere Regionen in Afghanistan, wie vom CSU-geführten Bundesinnenministerium immer wieder behauptet, gibt es einfach nicht«, so Pflüger.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.