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- Brandenburger Impfkampagne
Viel Impfen hilft viel
Sondersitzung des Landtags lehnt Stimmungsmache der AfD ab
»Geimpfte stecken sich viel seltener an als Ungeimpfte, und wenn sie sich doch anstecken, dann ist der Krankheitsverlauf viel milder. Das sind schon zwei Argumente, sich impfen zu lassen«, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Dienstag im Landtag. Er sei jedem dankbar, der sich gegen das Coronavirus immunisieren lasse. Denn dies helfe, einen weiteren Lockdown zu verhindern und die vierte Welle der Pandemie »möglichst flach zu halten«.
Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) ergänzte, neben der Einschränkung von Kontakten sei Impfen die einzige Maßnahme zur Eindämmung der Pandemie. Dass die Impfungen wirken, zeige sich daran, dass sich bei den über 60-Jährigen, die in Brandenburg bereits zu 75 Prozent geimpft sind, nur noch zwei von 100 000 Einwohnern anstecken, insgesamt aber 13 von 100 000.
Die AfD hatte eine Sondersitzung des Parlaments durchgesetzt. Die Politik sollte ihre nachdrücklicher formulierte Empfehlung widerrufen, auch Minderjährige gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Dieser Antrag der AfD wurde mit 55 zu 20 Stimmen von den übrigen Fraktionen abgelehnt. Der Vorstoß sei einfach »Unsinn«, erklärte der Abgeordnete Björn Lüttmann (SPD). Denn nach wie vor gelte nichts anderes, als dass allein die Eltern in Absprache mit den Ärzten über eine Impfung ihrer Kinder entscheiden. 16- und 17-Jährige sind impfmündig und entscheiden selbst.
Unbestritten ist, dass bei Kindern und Jugendlichen allgemein eine geringe Gefahr eines schweren Verlaufs von Covid-19 besteht. Auch Lüttmann hat den Eindruck, dass da manche anderslautenden Äußerungen von Politikern dem Wahlkampf geschuldet sind. Er persönlich habe es für falsch gehalten, Druck auf die Ständige Impfkommission auszuüben, damit diese zur Impfung von 12- bis 17-Jährigen rät, erklärte Lüttmann. Er erwähnte nicht, dass Ministerpräsident Woidke zu jenen gehörte, die laut Unmut darüber bekundeten, dass sich die Impfkommission zu nichts drängen lässt. Woidke machte auch am Dienstag wieder Druck und forderte von der Stiko endlich eine Meinung dazu, ob und wie Kinder ab zwölf Jahren immunisiert werden sollen. Wegen der herrschenden Unsicherheit solle dies möglichst bald geschehen.
Die Sondersitzung sollte laut Tagesordnung ungefähr 35 Minuten dauern, zog sich dann aber anderthalb Stunden hin. Gleich zu Beginn schimpfte AfD-Fraktionschef Christoph Berndt, dass ab Oktober Ungeimpfte 30 Euro für einen Coronatest bezahlen sollen, ohne den sie nicht mehr einkaufen gehen dürften. Wer sich das nicht leisten könne, der müsse verhungern oder sich impfen lassen, so Berndt. Das sei ein Impfzwang durch die Hintertür. Dazu solle sich Die Linke doch einmal äußern.
Linksfraktionschef Sebastian Walter äußerte sich dazu, denn es stand ohnehin in seinem Redemanuskript. »Die Drohung, dass Tests bezahlt werden müssen, ist ja nun wirklich völlig absurd«, sagte er. »Wir können doch nicht ernsthaft wollen, dass jetzt Infektionsschutz noch mehr eine Frage des Geldbeutels wird.«
Die AfD zu überzeugen, versuche er damit allerdings nicht, da dieser Partei Fakten und die Medizingeschichte völlig egal seien. Das nannte Walter »schändlich«. Die AfD habe im Prinzip nur ein Thema: »Hass«. Die AfD tanze »auf den Gräbern der Menschen, die an und mit Covid gestorben sind«, fügte Walter hinzu. »Impfen schützt Menschenleben. Impfen ist ein Akt der Solidarität. Damit können Sie natürlich nichts anfangen«, hielt Walter der AfD vor. Dem Ministerpräsidenten und der Gesundheitsministerin kreidete er an, in Brandenburg werde »immer noch viel zu wenig geimpft«.
Eine Impfmüdigkeit kann der Linksfraktionschef nicht erkennen. Überall dort, wo unbürokratisch Impfungen ohne Termin angeboten werden, bildeten sich schnell lange Schlangen. 80 Prozent der Deutschen wollten sich unbedingt impfen lassen, weiß Walter aus Umfragen. In Brandenburg sind aber erst 51 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Statt sich darum zu kümmern und für die zügige Auszahlung von finanziellen Entschädigungen zu sorgen, wenn Beschäftigte wegen einer Quarantäne nicht arbeiten konnten, hätten sich die Fraktionschefs Erik Stohn (SPD) und Jan Redmann (CDU) sowie Grünen-Landeschefin Julia Schmidt öffentlich darüber verbreitet, dass die Kommunikation in ihrer Koalition nicht stimme. Walter nannte das sarkastisch eine »öffentlich zur Schau getragene Paartherapie«.
Anders als es vielleicht zu erwarten war, wurde im Weiteren erstaunlich ruhig und sachlich debattiert. Nur als er von dem AfD-Abgeordneten Lars Hünich zweimal gefragt wurde, wo denn jemals das Gesundheitssystem durch Corona überlastet gewesen sei, platzte CDU-Fraktionschef Redmann der Kragen. Er verwies auf Krankenhäuser im Süden Brandenburgs, die Covid-19-Patienten in den Norden und in andere Bundesländer verlegen mussten, weil auf ihren Intensivstationen keine Betten mehr frei waren. Redmann fragte ärgerlich, ob die Politik hätte abwarten sollen, bis flächendeckend solche Zustände herrschen.
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