Kennzeichen sollen wieder erfasst werden

Innenausschuss spricht über Änderung am Polizeigesetz

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

»Ich kann ja einen Rat geben. Sie müssen ihn nicht annehmen«, sagt der Abgeordnete Andreas Büttner (Linke) am Mittwoch im Innenausschuss des Landtages zu Innenminister Michael Stübgen (CDU). Dann kommt der Ratschlag: »Ich würde darauf verzichten. Ich glaube tatsächlich, dass es dieser Regelung nicht bedarf.«

Seit 1. Juli ist bei der automatischen Kennzeichenerfassung an brandenburgischen Autobahnen der Aufzeichnungsmodus abgestellt. Nur der Fahndungsmodus läuft seitdem noch. Das bedeutet: Ein erfasstes Nummernschild wird in Sekundenschnelle mit Kennzeichen von Fahrzeugen abgeglichen, die beispielsweise als gestohlen gemeldet sind oder deren Fahrer die Polizei wegen einer anderen Straftat sucht. Gibt es keinen Treffer, wird das erfasste Nummernschild sofort aus dem Speicher gelöscht.

Damit ist Innenminister Stübgen unzufrieden. Er argumentiert, dass zum Beispiel Serientäter, die Frauen auf Raststätten auflauern und vergewaltigen oder ermorden, so viel schwerer zu fassen sind. Auch Autodiebe, Einbrecher und Menschenhändler, die über die Autobahn nach Osteuropa entkommen, hätten es nun leichter. Stübgen schildert, um für den Aufzeichnungsmodus zu werben, einen Fall aus dem Jahr 2008. Damals fuhr ein Transporter herum, aus dem der Fahrer Hunderte Schüsse auf Häuser und andere Autos abgab. Durch den Aufzeichnungsmodus konnte der Täter ermittelt werden, ehe noch Menschen verletzt oder getötet wurden, da sein Kennzeichen immer in der Nähe der Tatorte gewesen war.

Doch durch die neue Strafprozessordnung, die seit dem 1. Juli gilt, ist der Aufzeichnungsmodus nicht mehr gedeckt. Die Vorschrift kann Stübgen nicht ändern. Die Strafprozessordnung ist Bundesrecht. Doch mit dem Argument der Gefahrenabwehr kann er versuchen, das Landespolizeigesetz zu ändern. Die Möglichkeiten lässt er gegenwärtig durch sein Ressort prüfen und wird – so sagt er – einen Vorschlag vorlegen, wenn seine Mitarbeiter eine Lösung gefunden haben.

»Ich hatte wirklich gehofft, dass Sie diese Pläne nicht weiterverfolgen«, bedauerte der Abgeordnete Büttner, an Stübgen gewandt. Büttner kündigte schon einmal an, dass die Linksfraktion den Vorschlag sicherlich ablehnen werde.

Das ist für den Minister nicht schlimm. Von der Opposition war das zu erwarten. Aber was sagen die Koalitionspartner? Um einzuschätzen, ob die Maßnahme verhältnismäßig wäre, möchte die Abgeordnete Inka Gossmann-Reetz (SPD) erst wissen, wie viele Serientäter denn unterwegs sind auf Raststätten. Marie Schäffer (Grüne) hält sich etwas bedeckt. Mitte Juli hatte sie noch versichert, für eine Änderung des Polizeigesetzes stünde ihre Partei nicht zur Verfügung.

Eine Erfolgsbilanz kann der Innenminister nicht vorlegen. Die Polizei gab die erfassten Daten an Staatsanwaltschaften aus ganz Deutschland weiter, erklärt er. »Hauptkunde war Berlin.« Wie oft dadurch Täter ergriffen werden konnten, entzieht sich seiner Kenntnis. 2020 gab es 6789 Eilfahndungen nach Kfz-Kennzeichen und 13 Treffer.

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