Auf Privat folgt Katastrophe

Rund 300 Beschäftigte von drei brandenburgischen Asklepios-Kliniken bei Streikkundgebung am Landtag

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es gibt das geflügelte Wort: ›Privat geht vor Katastrophe‹«, sagt der Bundestagsabgeordnete Norbert Müller (Linke). Es bedeutet eigentlich, dass im Notfall die Arbeit stehen und liegen gelassen werden muss, um dringende private Dinge zu regeln. Müller dreht den Spruch um, als er am Donnerstag in Potsdam zu gut 300 Beschäftigten des Asklepios-Krankenhauskonzerns spricht, die zu einer Streikkundgebung zum Landtag gekommen sind. In Brandenburg sei die Katastrophe immer nach einer Privatisierung gekommen.

Das Land hatte seine psychiatrischen Fachkliniken 2006 an Asklepios verkauft. Darum sind Beschäftigte aus Brandenburg an der Havel, Teupitz und Lübben um 11 Uhr zum Parlament gezogen. Ohne die Privatisierung bekämen sie jetzt unter Umständen Tariflohn und die Belegschaft wäre nicht so ausgedünnt. Mit einem zweitägigen Warnstreik fordert die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi nun Löhne auf dem Niveau des Tarifs für den Öffentlichen Dienst, eine Corona-Sonderzahlung sowie Zuschläge für Schichtdienste. »Mit der schlechten Bezahlung insbesondere in den Asklepios-Fachkliniken im Land Brandenburg muss endlich Schluss sein«, sagt DGB-Landesbezirkschef Christian Hoßbach. »Wir akzeptieren es nicht, dass die Arbeitgeber bisher kein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt haben. Das muss jetzt schleunigst auf den Tisch. Die aktuellen Arbeitskampfmaßnahmen sind berechtigt und sollten die Asklepios-Chefs zum Umdenken veranlassen.«

Grünen-Landeschefin Julia Schmidt betont bei der Streikkundgebung, es sei »erschreckend«, dass es 30 Jahre nach der Wende innerhalb eines Konzerns noch Gehaltsunterschiede zwischen den Standorten in Ost und West gebe. Sie nennt es einen Fehler, dass die Kliniken 2006 verkauft wurden und dass auch heute noch Krankenhäuser privatisiert werden. Zuletzt ist dies beim Klinikum Niederlausitz der Fall gewesen. »Wir brauchen hier eine Trendumkehr«, sagt Schmidt.

Die Linke-Landesvorsitzende und gelernte Arzthelferin Anja Mayer erklärt: »Das Agieren der Asklepios-Konzernspitze ist nicht nur unverschämt, es ist unverantwortlich. Wer in einer Pandemie Abteilungen schließt, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entlässt und seinen Beschäftigten eine angemessene Bezahlung verweigert, der gefährdet die Sicherheit der gesundheitlichen Versorgung. Damit muss Schluss sein.« Deswegen brauche es ein Verbot von Gewinnen im Gesundheitswesen, deshalb gehörten Krankenhäuser in die öffentliche Hand.

Persönlich konnte Mayer das nicht sagen, weil sie wegen einer Beerdigung verhindert war. Doch der Abgeordnete Müller richtete Grüße aus. An dieser Stelle habe es Applaus gegeben, sagt er. Kein Wunder: Anja Mayer sei bei Warnstreiks im Frühjahr nach Brandenburg an der Havel, Teupitz und Lübben gefahren. Man kenne sie nun und wisse, dass sie nicht nur aktiv sei, wenn Wahlkampf ist.

Am 22. Juni hatte der Landtagsabgeordnete Ronny Kretschmer ein Diskussionspapier seiner Linksfraktion vorgestellt, wonach mittel- bis langfristig alle in den vergangenen 30 Jahren in Brandenburg privatisierten Krankenhäuser rekommunalisiert werden sollten. Als erste sollten die Asklepios-Kliniken in einen noch zu gründenden Landeskrankenhausverbund überführt werden.

Die Asklepios-Kliniken bedauern indes, sie könnten sich nicht an einem Tarif für den Öffentlichen Dienst orientieren, bei dessen Aushandlung sie nicht mit am Verhandlungstisch sitzen. Man habe inzwischen bereits das fünfte, nachgebesserte Angebot vorgelegt. Je nach Berufsgruppe sehe der jüngste Vorschlag bis zu 16 Prozent mehr Gehalt vor. »Damit befindet sich unser Angebot auf Höhe anderer Haustarife, die von Kliniken in Brandenburg mit Verdi abgeschlossen wurden.« Vor diesem Hintergrund sehe man keinen Anlass für Warnstreiks. Und überhaupt: Für das Jahr 2020 weist die Bilanz des Konzerns einen Verlust von 65 Millionen Euro aus.

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