• Berlin
  • Heidekrautbahn baut an ihrer Zukunft

Abkürzung in die Schorfheide

Seit 120 Jahren verbindet die Heidekrautbahn Berlin mit dem nördlichen Umland - mit Aktionstagen präsentiert sich die Niederbarnimer Eisenbahn als Betreiberin geschichtsbewusst und zukunftsorientiert

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 4 Min.

Gut 4000 Menschen sind täglich mit der Heidekrautbahn auf der RB27 zwischen Berlin-Karow und Groß Schönebeck oder Schmachtenhagen unterwegs. Werktags bringen die blau-weiß-gelben Triebwagen der Niederbarnimer Eisenbahngesellschaft (NEB) in der Hauptverkehrszeit im Stundentakt Fahrgäste aus Berlin in die nördlichen Umlandgemeinden und an den Rand der Schorfheide oder umgekehrt. Das Angebot ist bei Pendlern wie Ausflüglern hochgeschätzt, auch wenn der Kapazität etwa bei der Fahrradmitnahme enge Grenzen gesetzt sind.

Brandenburger mögen es verzeihen, wenn man die Heidekrautbahn als Berliner Original bezeichnet. Unbestritten dürfte aber sein, dass gerade die Hauptstädter von Anbeginn zu den Nutznießern dieser Eisenbahnlinie zählten, die in diesem Jahr ihr 120-jähriges Bestehen begeht. Führt sie doch auf direktem Wege hinaus aus der Stadt ins wald- und seenreiche Barnimer Land. Ihren Namen verdankt sie dem wachsenden Ausflugsverkehr in den 1920er Jahren.

Am 21. Mai 1901 hatte die Reinickendorf-Liebenwalde-Groß Schönebecker Eisenbahn AG, ein Vorläufer der NEB, die ersten Personenzüge unter Dampf auf die Strecke von Berlin-Wilhelmsruh nach Liebenwalde, Basdorf und Groß Schönebeck geschickt.

Die NEB will das Jubiläum an den kommenden beiden Wochenenden mit Kunden und Eisenbahnfreunden feiern. Das Unternehmen lädt zum »Zeitsprung Eisenbahngeschichte - gestern, heute, morgen« ein. Auf dem Programm stehen Sonderfahrten und außerplanmäßige Einsätze von historischen und modernen Schienenfahrzeugen auf den NEB-Regionallinien und auf der Berliner Ringbahn. Aktionen werden an verschiedenen Haltepunkten sowie online geboten.

Gefeiert wird auch der Start der Reaktivierung der alten Stammstrecke der Heidekrautbahn, die bis 1961 von Basdorf über den Abzweig Schönwalde nach Berlin-Wilhelmsruh führte. Mit dem Ende der DDR wurden bald Forderungen laut, die frühere Streckenführung wiederherzustellen. Ursprünglich war Berlin-Wilhelmsruh der Start- und Zielbahnhof, von dem es über Schildow, Mühlenbeck und Schönwalde nach Basdorf ging.

Die Kriegszerstörungen ließen ab Juni 1945 nur die schrittweise Wiederaufnahme des Bahnbetriebs zu. Ab Mai 1950 gab es dann eine »Umfahrungsstrecke West-Berlin« von Berlin-Karow bis zum Abzweig Schönwalde über die neu gebauten Stationen Schönerlinde und Schönwalde sowie einen Abschnitt von Wensickendorf über Schmachtenhagen nach Fichtengrund. Der Mauerbau 1961 brachte den Betrieb der Heidekrautbahn auf dem Abschnitt von Basdorf über den Abzweig Schönwalde bis Wilhelmsruh zum Erliegen.

Im Januar 2019 unterzeichneten die Länder Berlin und Brandenburg mit der NEB eine Planungsvereinbarung zur Reaktivierung der alten Stammstrecke. Profitieren könnten davon Zehntausende Menschen in Anliegergemeinden und Berliner Randbezirken. Im Bezirk Pankow etwa bremst die unzureichende Verkehrsinfrastruktur bislang ambitionierte Wohnungsbauprojekte aus, zumal Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) weg vom Privatauto und hin zum öffentlichen Nahverkehr will. Allein bei Weiterführung der Heidekrautbahn bis Wilhelmsruh rechnet die NEB werktags und im Stundentakt mit mehr als 6000 Fahrgästen, ein Plus von gut 40 Prozent. Den ersten Spatenstich vom 11. Dezember 2020 an der Stammstrecke in Wilhelmsruh preist Benn als »epochales Ereignis«.

Dagegen hält der Verkehrsexperte Kristian Ronneburg von der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus die Ausbaupläne für halbherzig. In einer Anfrage an die Verkehrsverwaltung wollte er wissen, warum nur »eine äußerste Sparvariante« geplant werde, die lediglich einen Stundentakt ermöglicht. Es sei in Voruntersuchungen festgestellt worden, dass dieser Takt »verkehrlich grundsätzlich ausreichend« sei, so die Verwaltung. Zusätzliche Kreuzungsbahnhöfe an der eingleisigen Strecke könnten in einer zweiten Stufe gebaut werden.

Gebaut werde derzeit an der Stammstrecke nicht, sagte Katja Tenkoul von der NEB-Betriebsgesellschaft dem »nd«. Der neue Hal᠆tepunkt Wilhelmsruh sei fertig und die notwendige Verlegung des Mauerweges am Bahnhof vollendet. »Für den Bau der restlichen Stammstrecke läuft gegenwärtig noch das Genehmigungsverfahren.« Im Rahmen des Schienengemeinschaftsprojekts i2030 ist die Verlängerung der Strecke bis Berlin-Gesundbrunnen vorgesehen.

Seit 2005 läuft die Heidekrautbahn als Regionalbahn RB27, inzwischen bedient die NEB das Netz Ostbrandenburg mi elf Regionalbahnlinien. Bis 2024 will sie mit den Kreiswerken Barnim und dem Energieanbieter Enertrag eine grüne Wasserstoff-Infrastruktur für den Betrieb von Brennstoffzellenzügen auf der Heidekrautbahn aufbauen.

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