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BER braucht mehr Transparenz
Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus setzt sich für restrukturierte Flughafengesellschaft in öffentlicher Hand ein
Dass Fehlplanungen und Missmanagement beim Hauptstadtflughafen BER zu einer dramatischen Bauverzögerung und zur Verschwendung von Steuergeld führen konnten, muss aus Sicht der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus klare Konsequenzen haben. Der Zeitraum von der 2012 geplatzten Eröffnung des Airports bis zur 2017 erfolgten Einsetzung von Engelbert Lütke Daldrup als Chef der Flughafengesellschaft sei eine Zeit der »verlorenen Jahre und ungenutzten Chancen« gewesen, heißt es in einer Einschätzung.
Wenn an diesem Mittwoch der Untersuchungsausschuss »BER II« des Abgeordnetenhauses seinen Abschlussbericht vorlegt, werden längst nicht alle Fragen und Verantwortlichkeiten um das Desaster geklärt sein. Das am 28. Juni 2018 eingesetzte Gremium hatte sich die Aufklärung von Ursachen für die Kosten- und Terminüberschreitungen beim damals noch laufenden Bau des BER vorgenommen. Viele im Bericht von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Schlussfolgerungen tragen die Handschrift der Linken. Davon ist Carsten Schatz, Obmann der Linken im Untersuchungsausschuss, überzeugt.
»Die Positionen, die wir erarbeitet haben, waren auch in der Koalition immer mehrheitsfähig. Insofern konnten wir da viel durchsetzen«, sagte Schatz dem »nd«. »Dabei haben wir durchaus untereinander um gemeinsame Positionen gerungen.«
Als vielleicht wichtigste Konsequenz aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses hält es die Linksfraktion für notwendig, die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) auf eine sichere finanzielle Basis zu stellen und strukturell weiterzuentwickeln.
»Die Flughafengesellschaft befindet sich aufgrund der zahlreichen baubedingten Verschiebungen der Eröffnungstermine des Flughafens BER sowie der anhaltenden Corona-Pandemie in einer angespannten finanziellen Situation, die sich seit der gescheiterten Inbetriebnahme sukzessive verschlechtert hat«, heißt es dazu in einem Positionspapier. Ein Haupttreiber dieser Tendenz sei deren einseitige marktwirtschaftliche Ausrichtung auf zukünftige Passagierprognosen und die damit zu erwartenden Erlöseinnahmen gewesen.
Die Linke macht sich für den hundertprozentigen Verbleib der FBB als systemrelevante Infrastruktur in der öffentlichen Hand stark, wendet sich gegen jede Privatisierung. Um die FBB krisenfest zu machen, müsse diese von ihrer Schuldenlast befreit und durch ihre Gesellschafter Berlin, Brandenburg und Bundesregierung teilentschuldet werden, heißt es. Dazu sollte sie künftig auf ihre Kernkompetenz, den reinen Betrieb des Flughafens BER, ausgerichtet werden. Für Bauplanung und -ausführung wird vorgeschlagen, eine unabhängige Projektgesellschaft zu schaffen. Bestehende Ausbaupläne (Masterplan) müssten angesichts aktueller Entwicklungen neu bewertet werden.
Anstelle der von der FBB auf den Weg gebrachten Verwertung eigener Liegenschaften, etwa in der Airport City, wird die Errichtung einer eigenständigen Immobiliengesellschaft empfohlen. Ähnliches gilt für den Bereich der Bodendienstleistungen am BER. Für die seit Langem geforderte Stärkung der Position der Gesellschafter und der parlamentarischen Kontrolle bei Investitionen, Immobilienvermarktung und Ausbauvorhaben am BER wird im Abschlussbericht die Implementierung eines externen Controllings im Auftrag der Gesellschafter sowie deren regelmäßige Berichterstattung vor den Abgeordneten vorgeschlagen.
Anders, als von der Opposition behauptet, habe diese, allen voran FDP und CDU, mit dem »BER II«-Ausschuss das Thema des aus Sicht der Linken verheerenden Volksentscheides zur Tegel-Offenhaltung hochhalten wollen, sagte Carsten Schatz. »Wir haben von Anfang an gesagt: Wir wollen daran anknüpfen, was der erste BER-Untersuchungsausschuss auf den Weg gebracht hat und uns dabei immer an drei Fragen orientieren: Warum hat es so lange gedauert? Warum ist es so teuer geworden? Wer hat daran verdient? Dazu haben wir im Bericht durchaus Aussagen getroffen«, so Schatz. »Ich muss sehr deutlich sagen: Die Befragungen der Geschäftsführungen vor Lütke Daldrup, also bis 2017, waren für mich persönlich ein kleines Highlight. Weil man dann auch im Nachhinein erlebt hat, dass diese Leute ihren Job deutlich verfehlt haben.« Dass damit aber nun schon alles gesagt sei, glaube er nicht.
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