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Im Meer wird der Sauerstoff knapp
Die Klimaerwärmung verstopft auch den Atemfilter der Ozeane
Mit dem Klimawandel werden die Weltmeere nicht nur wärmer. Er macht auch deren oberste Wasserschicht immer dicker, sodass Sauerstoff von der Oberfläche immer schwerer in tiefere Bereiche der Ozeane kommt. Das sind die Ergebnisse einer Untersuchung eines internationalen Teams von Wissenschaftlern, die kürzlich in der Fachzeitschrift »Nature« veröffentlicht wurden. Besonders in küstennahen Meeren wachsen sauerstofffreie Todeszonen.
Das Wasser der Ozeane ist nicht homogen. Es ist vertikal geschichtet. Zuoberst ist eine weniger dichte Schicht wärmeres und salzärmeres Wasser, darunter sind salzigere, und kältere Schichten. Wegen der Dichteunterschiede findet zwischen den Schichten vergleichsweise wenig Wasseraustausch statt.
Ein internationales Team von Wissenschaftlern - unter anderem vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel - analysierte alle verfügbaren Daten aus den Jahren 1970 bis 2018, die auf Schiffsexpeditionen und mit automatischen Messbojen erhoben und in diversen Datenbanken gespeichert wurden. So habe der Dichteunterschied seit 1970 zwischen der oberen durchmischten Schicht des Ozeans und der darunter liegenden Schicht während der Sommermonate in einigen Regionen um fast neun Prozent zugenommen, erklärt Geomar-Forscher Sunke Schmidtko.
In den tropischen und subtropischen Meeren ist die Ursache dieser Veränderung vor allem in der Erwärmung des Oberflächenwassers zu suchen, in den gemäßigten und polaren Breiten an dem zufließenden Frischwasser, das sich über das Salzwasser legt.
Obwohl die Wissenschaftler dieses Phänomen erwartet hatten, waren sie überrascht von dessen deutlicher Ausprägung, ebenso wie von der Tatsache, dass die obere Mischschicht nicht dünner, sondern dicker geworden war. Frühere Arbeiten hätten nahelegt, dass ein stärker geschichteter Ozean mit einer dünneren vermischten Oberfläche einhergehe. Wie sich nun herausstellte, ist die sommerliche Mischungsschicht pro Jahrzehnt mehrere Meter dicker geworden. Eine Ursache dafür könnte im Klimawandel zu suchen sein, vermutet der Kieler Ozeanograf. Aufgrund der stärker gewordenen Winde können sich die oberen Wasserschichten stärker vermischen.
Das hat weitreichende Folgen: Die obere Mischschicht wirkt wie ein Filter zwischen Atmosphäre und tiefem Ozean. Sauerstoff für die Tiefe muss diese Schicht genauso passieren wie die Nährstoffe aus der Tiefe für Organismen nahe der Wasseroberfläche oder die Wärme aus der Atmosphäre. Wird dieser Filter dicker und undurchlässiger, wirkt sich dies auf alle betroffenen Prozesse aus. Werden die tieferen Wasserschichten schlechter belüftet, hat das nicht nur negativen Einfluss auf dort lebende Organismen. Zugleich werden die Weltmeere in ihrer Funktion als Klimapuffer beeinträchtigt.
Aufgrund des fortschreitenden Klimawandels wird der Rückgang der Sauerstoffmenge im gesamten Ozean verstärkt. Mehr als 90 Prozent der Wärmeenergie, die durch den von der Menschheit verursachten Treibhauseffekt während der letzten 150 Jahre entstand, wurden von den Weltmeeren aufgenommen. Ohne diesen Puffer würde sich das Klima noch schneller erwärmen. Gleichzeitig binden Organismen des Planktons gewaltige Mengen Kohlenstoff und produzieren dabei Sauerstoff. Damit das gut funktioniert, muss die oberste Schicht im Ozean gut durchmischt sein, weil nur sie im direkten Kontakt mit der Atmosphäre steht.
Doch nicht nur Veränderungen der Schichtung beeinträchtigen den Sauerstoffgehalt der Meere. An der Küste der US-Bundesstaaten Louisiana und Texas, wo der Mississippi in den Golf von Mexiko mündet, ist ein gigantisches Meeresgebiet bereits praktisch sauerstofffrei. Mit einer Fläche von rund 16 400 Quadratkilometern ist das Gebiet bereits größer als Thüringen und hat im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre um 2400 Quadratkilometer zugenommen.
Hauptursache dieser Entwicklung sind Nitrate, Phosphate und andere Nährstoffe aus Landwirtschaft und Industrie, die mit dem Fluss ins Meer gespült werden. Dort wirken sie als Dünger für Algen. Die wachsen übermäßig schnell. Ergebnis: Eine sogenannte Algenblüte. Wenn die Algen absterben, sinken sie auf den Grund und werden von Bakterien zersetzt, wobei Sauerstoff verbraucht wird. Je mehr Algen sterben, desto mehr Sauerstoff wird verbraucht und umso weniger davon steht den übrigen Meeresbewohnern zur Verfügung. Fische und andere schwimmende Lebewesen können das Gebiet verlassen. Ortsgebundene Organismen wie etwa Muscheln oder Korallen sterben ab.
Die sogenannte Todeszone wird immer größer, wie aktuelle Daten der US-amerikanischen Behörde für Wetter und Ozeanografie (NOAA) zeigen. Damit rückt das von der US-Regierung selbst gesteckte Ziel, dessen Ausdehnung bis 2035 auf weniger als 5000 Quadratkilometer im Fünfjahresschnitt zu begrenzen, in weite Ferne. Um weiteres Sterben zu verhindern, müsse die Einleitung von Düngemitteln in die Flüsse reduziert werden, erklärt Radhika Fox, stellvertretende Leiterin der NOAA-Abteilung für Wasser. Und auch im Golf von Mexiko kommen dazu noch die geschilderten Auswirkungen des Klimawandels.
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