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- Soziale Benachteiligung
Stadtteilzentrum ist Anker im Kiez
Das Olof-Palme-Zentrum in Mitte wird von Nachbarschaft und Kids dringend gebraucht
»Hey, hier ist eine Veranstaltung, wo gehen wir denn dann essen?« Die ersten Kinder aus der Vineta-Grundschule stürmen über den Hof vom Olof-Palme-Stadtteilzentrum (OPZ) in der Demminer Straße. Es ist Montagmittag und die Kids hier im Nördlichen Brunnenviertel in Gesundbrunnen bekommen heute ein Lunchpaket, weil der Raum, der sonst zur Essenausgabe um diese Zeit für sie bereit steht, belegt ist. Dieser hat die Funktion der Schul-Mensa vor über einem Jahr übernommen, ist aber eigentlich ein Mehrzwecksaal mit Bühne und Trennwänden - die Schüler*innen müssen hierher ausweichen, weil es in ihrem Schulgebäude nicht genug Platz gibt, um die verschiedenen Gruppen pandemiegerecht ihr Mittagessen einnehmen zu lassen.
»Wir platzen aus allen Nähten«, sagt Ramona Reiser, Linke-Stadträtin für Jugend, Familie und Bürgerdienste im Bezirk Mitte auf der Pressekonferenz, die der Grund dafür ist, dass es heute Lunchpakete für die Grundschüler*innen gibt. Denn die Kids aus dem Kiez kommen auch nach dem Unterricht hierher, bis zu 100 sind es jeden Nachmittag, erzählt die Leiterin des Kinder- und Jugendbereichs, Viviane Schmitt. »Und dann kommen noch mal so viele Menschen im Nachbarschaftsbereich dazu«, ergänzt sie. Vier Gruppen belegen regelmäßig zeitgleich am Nachmittag das Haus. Für manchen Kurs werden Räume vermietet, die eigentlich gar nicht dafür gedacht sind.
Das OPZ, so Reiser, sei ein »Anker im Kiez«, für die 40 000 Menschen, die hier, nur drei Straßenstriche von dem eher gut betuchten Prenzlauer Berg entfernt, zu Hause sind. Und deren Lebensrealität sich erheblich unterscheidet von der im - seit den 1990er Jahren einem rasanten Aufschwung unterlegenen - Gebiet zwischen Torstraße und Bernauer Straße, die dann zur Eberswalder Straße wird. Im nördlichen Brunnenviertel hingegen »sind 50 Prozent der Kinder unter 15 Jahren auf staatliche Unterstützung angewiesen«, erklärt die Jugendstadträtin. Viele Familien hier befänden sich in einer schwierigen sozialen Lage. Für sie alle braucht es Angebote, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, unabhängig von Alter, Herkunft und vor allem unabhängig vom Geldbeutel. Im OPZ stehen ihnen ein Bewegungsraum, ein Spielzimmer mit Billardtisch, mehrere Lern- und Seminarräume sowie erwähnter Mehrzwecksaal und ein als Nachbarschaftstreff und Frühstückscafé genutzter Raum im Erdgeschoss des zweistöckigen Gebäudes zur Verfügung. Einladende, helle Räume, erst im Jahr 2015 eröffnet. Aber: sie reichen nicht. Deshalb soll bis 2024 ein Anbau entstehen, der den Kinder- und Jugendbereich komplett aufnimmt und die knappen Kapazitäten entlastet. »Es ist wichtig zu signalisieren: ›Wir schaffen euch Räume, da, wo ihr seid‹«, sagt Ramona Reiser.
Neben ihr sind an diesem Tag auch Sebastian Scheel, Senator für Stadtentwicklung und Wohnen, Sozialsenatorin Elke Breitenbach (beide Linke) sowie Ephraim Gothe (SPD), Stadtrat für Stadtentwicklung, Soziales und Gesundheit im Bezirk Mitte, gekommen, um sich einen Überblick zur Lage im OPZ zu verschaffen. Für alle drei zeigen sich am Beispiel des Stadtteilzentrums die positiven Effekte der »Ressortübergreifenden Gemeinschaftsinitiative zur Stärkung sozial benachteiligter Quartiere«, die im Jahr 2018 durch den Senat ins Leben gerufen wurde. Durch sie sollen mehr Angebote und Begegnungsorte in Kiezen zur Verfügung und sichergestellt werden, in denen Menschen nicht nur arm oder von Armut bedroht sind, sondern dadurch auch von gesellschaftlicher Beteiligung ausgeschlossen sind. 13 Handlungsräume hatte man im gesamten Berliner Stadtgebiet definiert, die besonders von Benachteiligung geprägt sind. Sie sollen durch eine zielgerichtete Zusammenarbeit von in diesem Fall neun beteiligten Senatsverwaltungen sowie den jeweiligen Bezirken sozial entlastet werden. Dazu zählen unter anderem Marzahn-Nord und das nördliche Neukölln, das Märkische Viertel oder auch die Spandauer Neustadt und Neu-Hohenschönhausen.
Insgesamt 25 Millionen Euro wird die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen deshalb in den kommenden Jahren zur Verfügung stellen, um Jugendeinrichtungen, Schulen und Stadtteilzentren weiter auszubauen. Allein das OPZ erhält davon für seinen Anbau knapp vier Millionen Euro. Damit sollen auch die Freizeitangebote der Vineta-Grundschule erweitert werden. »Wir wollen ein offenes Gelände für alle«, sagt Stefan Hoffschröer vom Verein Pfefferwerk, der das OPZ betreibt. Hoffschröer weist aber auch darauf hin, dass es mit der verbesserten Infrastruktur allein nicht getan ist: »Jemand muss sich auch darum kümmern, dass die Türen auf- und wieder zugeschlossen werden.« Für eine Mehrfachnutzung von Gebäuden müssten alle bereit sein. »Auch die Pädagogen müssen sich dafür öffnen, die Kinder dann nach nebenan gehen zu lassen«, erklärt der Praktiker die Untiefen von sozialräumlichen Verbesserungen. Damit diese auch wirklich bei den Menschen ankommen, muss noch so einiges umschifft werden.
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