- Politik
- Luftbrücke
Luftbrücke wirft Regierung Blockade vor
Initiative wollte Hunderte Menschen aus Kabul retten – das Auswärtige Amt habe dies jedoch verhindert
Die zivilgesellschaftliche Initiative »Luftbrücke Kabul« hat mehrere Dutzend Schutzsuchende aus Afghanistan gerettet. So habe man am Wochenende 189 Menschen mit US-amerikanischer Unterstützung in Bussen in den Kabuler Flughafen bringen können, hieß es in einer Erklärung der Gruppe. Von dort seien sie mit einer Militärmaschine der USA ausgeflogen worden. Derzeit befänden sie sich in Doha und Riad und würden auf ihre Weiterreise warten. Zusätzlich habe man mit »immensem Aufwand« 18 gefährdete Ortskräfte aus Kabul in Sicherheit bringen können, so die Initiative.
Aus Sicht der »Luftbrücke Kabul« waren das jedoch viel zu wenige gerettete Menschen. 180 Sitze blieben in dem von der Initiative gecharterten Flugzeug leer. »Es hätten Hunderte mehr sein können, wenn unsere Rettungsaktion nicht aktiv vom Auswärtigen Amt blockiert worden wäre«, schrieb die Gruppe und erhob schwere Vorwürfe gegenüber der Regierung. Für Hunderte Menschen habe man schließlich sichere Unterkünfte organisiert, die Gefährdeten offiziell auf Listen des Auswärtigen Amtes registrieren und absegnen lassen, über die katarische Botschaft habe ein Bustransport bereit gestanden. »Wir hätten Menschen innerhalb weniger Stunden an den Flughafen und auf unser Flugzeug bringen können«, so die Luftbrücke Kabul. Die Regierung habe sich letztlich jedoch geweigert, »eine E-Mail zu schreiben«, um den Transport freizugeben. »Unser Flugzeug stand bereit – doch niemand sollte evakuiert werden.«
Die Initiative habe so vor in Kabul eine »bürokratische und politische Verhinderungstaktik« erlebt, hieß es weiter. Deutsche Diplomaten hätten demnach offenbar auch bei ausländischen Partnern versucht zu erzwingen, dass das Flugzeug niemanden evakuiert. Portugal habe so das Evakuierungsangebot der Initiative annehmen wollen. »Wir sollten nicht erfolgreicher sein, als die Bundesregierung. Wir sollten scheitern, damit das Kartenhaus der Evakuierungsaktion der Bundesregierung nicht in sich zusammenfällt«, kritisierte die »Luftbrücke Kabul«.
Das Auswärtige Amt selbst wies die Vorwürfe zurück. Die Darstellung, die Bundesregierung habe die Operation behindert, sei unbegründet, sagte ein Sprecher des Außenamts am Montag in Berlin. »Das Gegenteil ist der Fall: Wir haben die Initiative von Anfang an aktiv unterstützt«, betonte er. Der Außenamtssprecher erklärte, Außenminister Heiko Maas (SPD) persönlich habe die private Initiative unterstützt. Die von der Aktion ausgewählten Menschen waren auch nach Einschätzung des Auswärtigen Amts nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan höchst gefährdet. Daher habe das Haus die Rettungsaktion unterstützt.
Nach Darstellung des Sprechers hat Maas in einem Schreiben unter anderen an den katarischen Außenminister persönlich die Aufnahme der Schutzbedürftigen in Deutschland zugesagt. Zudem habe ein Ansprechpartner im Außenamt die Aktion begleitet. Als schließlich das Flugzeug in Kabul angekommen war, habe man zudem aus dem dort verbliebenen Kernteam der deutschen Botschaft, das die militärische Evakuierungsoperation begleitete, Personal abgezogen, um die private Initiative auf deren Bitte hin zu unterstützen.
Der Sprecher führte aus, man habe die Initiative vor dem Flug nach Kabul davor gewarnt, dass es eventuell nicht gelingen könnte, die ausgewählten Personen zeitgerecht an den Flughafen zu bringen. Wie bei der gesamten internationalen Evakuierungsoperation seien nicht die Kapazitäten für den Lufttransport – also fehlende Flugzeuge – , sondern der Zugang zum Flughafen das Problem gewesen, sagte er. Die Initiative sei dennoch nach Kabul geflogen. Ausgeflogen habe sie letztlich 18 Ortskräfte aus Portugal.
Hinter der »Luftbrücke«, haben sich zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, Flüchtlingsräte und Initiativen versammelt, darunter die Bewegung Seebrücke, der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein und die Kampagne #LeaveNoOneBehind.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!