- Politik
- Wahlen in Russland
Angriff der Klone
Russischer Politiker kämpft gegen Wahlmanipulation
Nahezu identische graue Bärte, in die sich erste weiße Haare mischen, ähnliche kahle Schläfen, fast derselbe spärliche Haaransatz: Als Boris Wischnewskij am letzten Wochenende die Kandidatenliste für die Wahl zum Petersburger Stadtrat sah, staunte er nicht schlecht. Von dem Plakat blickten ihn zwei fast perfekte Kopien seiner selbst an.
»So etwas habe ich noch nie gesehen«, empörte sich der Stadtabgeordnete der liberalen Jabloko-Partei, der bei der parallel zur Duma-Wahl stattfindenden Abstimmung um seine Wiederwahl kämpft. Selbst denselben Vor- und Nachnamen teile er mit den bis dato völlig unbekannten Gegenkandidaten, so der 65-Jährige in einem Interview. »Das alles geschieht, um die Wähler zu verwirren, damit sie die Fälschung mit dem Echten verwechseln und statt des realen Wischnewskij eine der Fälschungen wählen«, erläuterte Boris Wischnewskij das offensichtliche Ziel der Aktion, hinter der Gegner des Oppositionellen vermutet werden.
Das russischsprachige Internet reagierte mit einer Woge des Spotts auf die absurden Fälschungen. Von einem Angriff der Klone war die Rede, auch staatsnahe Medien berichteten über die Doppelgänger. Für Befremden sorgten vor allem die Aktivitäten , die einer der beiden Fake-Kandidaten unternahm, um Boris Wischnewskij zu ähneln. Noch in diesem Juli trug der Herausforderer den Namen Boris Bykow und verfügte über eine üppige braune Haartolle, wie ein Foto der Petersburger Stadtverwaltung belegt, für die er vor einigen Jahren arbeitete. Dann änderte der mittlerweile für die Regierungspartei Einiges Russland tätige Politiker seinen Namen, ließ sich einen Bart wachsen, färbte seine Haare und ließ sein Porträt mit Hilfe eines Computerprogramms künstlich nachaltern.
Auch der andere Boris heißt eigentlich anders - nämlich Alexej Schmeljow. Von ihm ist allerdings nur bekannt, dass er als Leiter einer Autoreparaturfirma arbeitet und mit Politik bisher wenig zu tun hat.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.