Rassismus-Vorwurf gegen Grundschule in Burg

An einer Grundschule in Sachsen-Anhalt wurden migrantische Kinder von deutschen getrennt. Ein betroffener Vater beschwerte sich

  • Max Zeising
  • Lesedauer: 3 Min.

Aras Badr ließ seinem Frust in den sozialen Netzwerken freien Lauf: »Meine Tochter darf nicht mit ihrer besten Freundin die gleiche Klasse der Schule besuchen«, schrieb er am Sonntag bei Facebook. Und das »nur, weil mein Kind nicht ›deutsch‹ ist.« Zuvor hatte der Vater des betroffenen Mädchens die Einschulung seiner Tochter besucht. Dort habe er erfahren, dass migrantische Kinder der ersten Klassen von deutschen getrennt worden seien: Die Schulleitung der Grundschule in Burg in Sachsen-Anhalt habe »neben zwei ›rein deutschen‹ ersten Klassen eine dritte ›migrantische‹ Klasse gebildet«. Auch der Lehrer dieser Klasse habe einen Migrationshintergrund. Ebenso habe man ihm erklärt, dass der bis zur Vereidigung der neuen Regierung geschäftsführende Bildungsminister Marco Tullner (CDU) bereits darüber informiert gewesen sei. Badr warf dem Bildungssystem eine »Apartheid-Mentalität« vor.

Hat hier eine Schule aus rassistischen Motiven heraus gehandelt? Das Landesschulamt bestätigte am Dienstag den Vorgang im Wesentlichen und war um Rechtfertigung bemüht: »Der vorgesehene Klassenlehrer spricht selbst Arabisch und verfügt gleichzeitig über große Erfahrung bei der Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache«, erklärte ein Sprecher auf Nachfrage. »Die Schule hat also in der Absicht gehandelt, ihre Möglichkeiten zur Sprachförderung bestmöglich und im Sinne der Kinder auszunutzen.« Es sei aber nicht so gewesen, dass alle Kinder mit Migrationshintergrund des ersten Jahrgangs diese erste Klasse besucht hätten. Auch die anderen beiden ersten Klassen hätten Kinder mit Migrationshintergrund gehabt, jedoch mit anderen Muttersprachen.

Klassenbildung wieder geändert

Zudem sei man davon ausgegangen, dass die geplante Klassenbildung mit den betroffenen Eltern abgestimmt gewesen sei. Das sei bedauerlicherweise nicht geschehen: »Die Schule hat dies als Fehler erkannt und wird die Kommunikation mit den Eltern zukünftig verbessern«, so der Behördensprecher.

Mittlerweile sei die Klassenbildung laut Landesschulamt zwar wieder geändert worden – doch die Frage, wie es zu dieser Aufteilung überhaupt kommen konnte, aus welchem Grund diese vorgenommen wurde, steht immer noch im Raum. Den betroffenen Vater stellen die Rechtfertigungsversuche hinsichtlich einer angeblichen Sprachbarriere jedenfalls nicht zufrieden: Viele Kinder der Klasse seien »entweder hier geboren oder leben hier schon lange«, Deutsch-Kenntnisse seien für diese »überhaupt kein Problem«. Und auch für Schüler mit Sprachproblemen gebe es »andere pädagogische Lösungen«.
Zuvor hatte das Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (Lamsa) auf den Fall aufmerksam gemacht, nachdem sich die Eltern des betroffenen Mädchens gemeldet hatten. Lamsa kritisiert das Vorgehen: »Hierbei handelt es sich nicht um ein pädagogisches Konzept, sondern um eine rassistische Trennung aufgrund äußerlicher Zuschreibungen«, so Geschäftsführer Mamad Mohamad. Zudem fordert das Netzwerk, dass »die Schulleitung die Hintergrundinformationen und die pädagogische Grundlage ihrer Entscheidung offen legt«.

Vielleicht spielt auch fehlende interkulturelle Kompetenz eine Rolle. Die Schule sei »vielleicht etwas zu vereinfachend davon ausgegangen, dass die Kinder mehrheitlich einen syrischen oder irakischen Nationalitätenhintergrund haben, und ist vielleicht dann zu dem Schluss gekommen, die werden alle Arabisch sprechen«, sagte Tobias Kühne vom Landesschulamt am Dienstag dem MDR. Nun sei der Vorfall der Schulleitung »regelrecht peinlich«. Die Sensibilität des Themas sei »falsch eingeschätzt« worden.

Fall schlägt politisch hohe Wellen

Der Fall schlägt nun auch politisch hohe Wellen. »Ich finde das unglaublich! Integration geht am besten im gemeinsamen Lernen«, schrieb die Linke-Bildungspolitikerin Birke Bull-Bischoff auf Twitter. Susi Möbbeck, Staatssekretärin im SPD-geführten Landesministerium für Soziales und Integration, meinte hierzu: »Reine ›Ausländerklassen‹ widersprechen Integration und stigmatisieren.« Die Linke-Innenpolitikerin Henriette Quade wurde deutlich: »Es geht hier nicht um spezielle Förderbedarfe. Es geht um Rassismus.«

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