Diplomatie am Hindukusch

Ein erster Ausblick auf die künftigen deutsch-talibanesischen Beziehungen

Zugegeben, der Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan musste etwas fix beendet werden. Wer darf ausgeflogen werden, wer darf guten Gewissens den vorm Flughafen wartenden Taliban überreicht werden, weil sein Handgepäck die Höchstmaße überschreitet? Doch bei aller Hektik war es doch ein großer Erfolg, wenn man an das Ende anderer Kriege denkt. Niemand aus der deutschen Heeresführung muss sich vor einem Tribunal verantworten und Deutschland wird nicht für 40 Jahre von Alliierten besetzt. Zwar lief nicht alles nach Plan und die eine oder andere Ortskraft mehr hätte man retten können.

Allerdings muss man auch festhalten, dass es der Bundeswehr gelang, einen 27 Tonnen schweren Findling, der Teil des Ehrenhains im ehemaligen Feldlager bei Maser-e-Scharif war, nach Deutschland zu transportieren. Dieser seelenlose Stein darf nun in Deutschland die freiheitlich-demokratische Grundordnung genießen.

Andreas Koristka

Andreas Koristka 
ist Redakteur des Satiremagazins »Eulenspiegel«.
 

Nun ist die große Frage, wie es weitergeht mit den deutsch-talibanesischen Beziehungen. Die AfD fordert, dass Deutschland umgehend diplomatische Beziehungen mit den Taliban aufnehmen soll. Offensichtlich erhofft sie sich dadurch ein paar internationale Sympathien für den Tag, an dem sie selbst ihre Schreckensherrschaft errichten will. Auch Heiko Maas ließ durchblicken, dass die Taliban auf eine gewisse Zusammenarbeit hoffen dürfen, vorausgesetzt, sie sind immer schön artig. Das möchte Maas ihnen auch raten, denn »internationale Isolation kann nicht in ihrem Interesse sein«.

Wir werden also vielleicht schon bald zaghafte diplomatische Annäherungen erleben. Die deutsche Botschaft in Kabul wird vielleicht nicht schon dieses Jahr feierlich eröffnet. Aber womöglich lässt sich schon bald ein Jugendaustausch organisieren. Wenn man sich unsere wohlstandsverwahrlosten Jugendlichen mit den unsportlichen Wabbelbäuchen anschaut, dann könnten ihnen ein paar Wochen im Steinzeitislamismus durchaus gut bekommen.

Wenn die Zahl der Steinigungen und abgehackten Hände in den nächsten Monaten nicht Überhand nimmt, dann könnte man sicherlich auch die deutsche Fußballnationalmannschaft nach Afghanistan schicken. Der DFB wäre bestimmt begeistert. Im Anschluss wäre auch ein Trainingslager der Bayern in Kunduz möglich, wenn die Afghanen akzeptieren, dass Manuel Neuer die Regenbogenbinde trägt.

Und dann dürfen wir uns sicherlich irgendwann einmal auf einen Staatsbesuch des Obermullahs in Deutschland freuen. Das werden freundliche Tage, wenn er garantiert, dass wirklich keine afghanischen Flüchtlinge mehr nach Europa gelassen werden. Denn die Katastrophe von 2015 darf sich nicht wiederholen, sonst wäre ja der ganze Krieg umsonst gewesen. Es wird der krönende Abschluss des Engagements der Deutschen in Afghanistan sein. Wer hätte vor 20 Jahren zu träumen gewagt, dass Afghanistan ein ganz normales Land sein würde, in dem junge Männer schicke Bärte und Eyeliner tragen können und mit dem wir in friedlicher Koexistenz leben können?

Man darf eben nicht immer so pessimistisch sein. Hätten wir damals auf die Kritiker des Afghanistan-Krieges gehört, dann wäre es niemals zu diesen erfreulichen Entwicklungen gekommen. Was der Westen geleistet hat, wird uns vielleicht erst richtig bewusst, wenn der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz mit Mullah Hassan Achund vor den afghanischen Kriegsgräbern Händchen hält und das Musikkorps der Bundeswehr dazu das Lied vom »Guten Kameraden« spielt. Dann wird Deutschland wieder absolut sicher sein am Hindukusch.

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