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Grün-Rot in Hannover in Sicht
Kommunalwahl in Niedersachsen: Landesweit CDU knapp vor SPD, AfD schrumpft
Während auf Bundesebene noch mehr oder wenig heftig über denkbare Koalitionen diskutiert wird, scheint sich für die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover bereits eine grün-rote »Regierung« abzuzeichnen. Bei den Kommunalwahlen im zweitgrößten Bundesland am Sonntag entschieden sich 27,76 Prozent der Wählerinnen und Wähler bei der Frage, wer künftig im 64-köpfigen Rat der Stadt sitzen soll, für die Grünen. Hocherfreut reagierten Mitglieder und Freunde der Partei auf dieses Ergebnis, übertrifft es doch deutlich das Resultat der Kommunalwahl vor fünf Jahren: 2016 hatten sich die Grünen mit 16,3 Prozent der Wählerstimmen bescheiden müssen.
Erfolgreich waren die Grünen bereits 2019 gewesen, als ein neuer Oberbürgermeister der Landeshauptstadt gewählt werden musste, nachdem der bisherige Amtsinhaber Stefan Schostok (SPD) im Zusammenhang mit der so genannten Rathausaffäre in den Ruhestand gegangen war. Zum Nachfolger gewählt worden war Belit Onay, zuvor Landtagsabgeordneter der Grünen. Mit ihm endete die jahrzehntelange Serie der SPD-Oberbürgermeister und weiterer Genossen in leitenden Positionen der Stadtverwaltung, der viele Hannoveraner vorwarfen, es herrsche roter Filz im altehrwürdigen Rathaus, und ohne SPD-Parteibuch sei eine Karriere dort unmöglich.
Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann
Die Kandidaten der SPD für einen Sitz in Hannovers Stadtrat landeten am Sonntag mit 27,64 Stimmenprozent sehr knapp hinter den Grünen; 2016 hatten sie noch 31,3 Stimmenprozent eingefahren. Von Kommunalpolitikern beider Parteien gab es schon am Wahlabend Äußerungen, die auf eine Zusammenarbeit hindeuten. Sowohl die Grünen als auch die Sozialdemokraten werden mit jeweils 18 Gewählten im Rat der Stadt vertreten sein.
Noch bis Ende Juli des laufenden Jahres hatte eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP im Rat der Landeshauptstadt das Sagen. Dann aber zerbrach das Bündnis, nicht zuletzt wegen Differenzen in der Verkehrspolitik. Für die Liberalen hatten jetzt 6,05 Prozent (2016: 5,1 Prozent) der Wählerinnen und Wähler gestimmt. Die FDP wolle nun als »freundliche Opposition« agieren, war aus ihren Reihen zu vernehmen.
Mit der Oppositionsrolle in Hannovers Stadtparlament muss sich auch die CDU bescheiden, die 20,74 Prozent (2016: 24,5) Prozent erhielt. Verluste hat auch Die Linke zu tragen, der die Kommunalwahl in Hannover 5,56 Prozent einbrachte (2016: 7,0 Prozent). Mit ihren 31,7 Prozent, die sie auf Landesebene erreichte, liegt die CDU unter dem Ergebnis aus dem Jahr 2016, damals hatte die Union 34,3 Prozent bekommen. Die SPD, die diesmal 30 Prozent der Stimmen erhielt, konnte bei der Wahl vor fünf Jahren landesweit gerechnet 31,2 Prozent für sich verbuchen. Nicht so erfolgreich wie in Hannover waren die Grünen jetzt landesweit; immerhin: 15,9 Stimmenprozent lautet das Ergebnis, 2016 waren es 10,9 Prozent gewesen. Auf Talfahrt war Die Linke im Land: Sie rutschte auf 2,8 Stimmenprozent (2016: 3,3 Prozent).
Die Parolen der AfD scheinen immer mehr Bürgerinnen und Bürger satt zu haben. Das Wahlergebnis der Rechtspopulisten schrumpfte auf 4,25 Prozent (2016: 8,6 Prozent). Landesweit betrachtet kann die AfD bei der aktuellen Kommunalwahl 4,6 Prozent der Wählerstimmen für sich verbuchen. Auch hier wird ein Weg in die Abstiegszone erkennbar, konnte sich die Partei doch 2016 noch an 7,9 Stimmenprozent delektieren.
In mehreren niedersächsischen Kommunen wird die Entscheidung über Spitzenpositionen weiterhin mit Spannung erwartet, sind doch hier und da Stichwahlen erforderlich, weil die erforderliche absolute Mehrheit nicht erreicht wurde. Mit einer solchen Wahl muss beispielsweise in den Städten Wolfsburg, Osnabrück, Braunschweig und Goslar über das Amt der Oberbürgermeisterin oder des Oberbürgermeisters abgestimmt werden, im Landkreis Lüchow-Dannenberg über die Besetzung des Landratssessels. Diese Wahlen finden am 26. September statt, parallel zur Bundestagswahl.
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