Alte Brandenburger brauchen junge Ärzte

Versorgungsbericht der Kassenärztlichen Vereinigung informiert über Probleme und Lösungsversuche

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

In Brandenburg kommen auf einen Kassenarzt 730 Einwohner – 47 Personen mehr als im Bundesdurchschnitt. Nur in Rheinland-Pfalz sind es pro Kassenarzt noch vier Einwohner mehr als in Brandenburg. In Berlin dagegen stehen einem Kassenarzt 564 Einwohner gegenüber. Weniger sind es nur in Bremen (551) und in Hamburg (555).
Das ist dem Bericht zur ambulanten medizinischen Versorgung zu entnehmen, den die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB) am Mittwoch vorlegte. »Der Bericht bildet die vielen Facetten und Stärken der ambulanten Versorgung im Land Brandenburg ab«, merkte der Vorstandsvorsitzende Peter Noack an.

Tatsächlich zeigen die Statistiken aber auch die altbekannten Schwierigkeiten. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Bevölkerung in Brandenburg älter und damit öfter auf den Hausarzt angewiesen ist als zum Beispiel in Berlin. Das Durchschnittsalter in Brandenburg (47,2 Jahre) wird nur von zwei Bundesländern übertroffen, während Berlin mit einem Durchschnittsalter von 42,6 Jahren die zweitjüngste Bevölkerung der Bundesrepublik hat. Die Kassenärzte in Brandenburg sind übrigens auch nicht die jüngsten. Sie sind im Schnitt bereits 44,6 Jahre, bevor sie sich niederlassen. Erst einmal absolvieren sie ihr Medizinstudium. Dann arbeiten sie oft in einem Krankenhaus, bevor sie beispielsweise die Landarztpraxis des Vaters oder der Mutter übernehmen, die sich zur Ruhe setzen.

Was Brandenburg braucht, hat es in einem gewissen Maße bekommen: Seit 2010 stieg die Zahl der hier niedergelassenen Kassenärzte stetig von 3413 auf 3920. Die Zahl der Arztpraxen kletterte von 2847 auf 3012, die der Medizinischen Versorgungszentren – gelernten DDR-Bürgern unter dem Begriff Poliklinik vertraut – von 82 auf 116. Im Jahr 2019 haben die Mediziner pro Tag 70 200 Patienten behandelt, dabei 3700 Vorsorgeuntersuchungen vorgenommen, 6900 Überweisungen ausgestellt und 2500 Hausbesuche gemacht, wobei die Besuche bei Bewohnern von Pflegeheimen mitgerechnet sind. Außerdem haben sie 2019 pro Tag 5000 Schutzimpfungen verabreicht.

Im Coronajahr 2021 dürfte die Zahl der Impfungen extrem gestiegen sein. Den bislang wurden im Bundesland 2,97 Millionen Corona-Impfungen verabreicht – in aller Regel durch Kassenärzte, die in ihrer Praxis oder in einem Impfzentrum die Spitze setzten. Die KVBB hat Anfang 2021 elf Impfzentren an den Start gebracht und betrieben, diese dann im Juli an die Landkreise und kreisfreien Städte übergeben.

Unter der Telefonnummer 116117 sind in der Spitze bis zu 1500 Anrufe pro Tag angenommen worden. Es war die Nummer, unter der auch Termine für Corona-Impfungen vergeben worden sind. »Die durchschnittliche Wartezeit lag unter zwei Minuten«, heißt es im Versorgungsbericht. Der Satz verblüfft, gab es doch zu Jahresbeginn zahlreiche Beschwerden von Bürgern, die überhaupt nicht durchkamen oder stundenlang in der Warteschleife hingen. Aber so ist das mit Durchschnittswerten. »Natürlich gab es Startschwierigkeiten, insbesondere bei der Terminvergabe«, räumt die Kassenärztliche Vereinigung ein. »Aber daraus haben wir gelernt und die Probleme schrittweise abgestellt.«
Nach Aussage des KVBB-Vorstandsvorsitzenden Noack zeigt der Bericht auf, vor welchen Herausforderungen die ambulante medizinischen Versorgung stehe. Um diese auch zukünftig gewährleisten zu können, brauche es die richtigen Rahmenbedingungen und die Kooperation mit der Politik. »Dazu zählt unter anderem«, so sagt Noack, »dass wir eng in den Aufbau der neuen medizinischen Fakultät in Cottbus einbezogen werden und die ambulante Medizin integraler Bestandteil des Studiums wird.«

Geplant ist, Strukturhilfen des Bundes für den Kohleausstieg in der Lausitz dafür zu verwenden, dass die Technische Universität Cottbus und das städtische Carl-Thiem-Klinikum künftig ein staatliches Medizinstudium ermöglichen, was es in Brandenburg bisher nicht gibt.

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