Containerunterkünfte werden reaktiviert

Sorge vor rassistischer Mobilisierung in Marzahn-Hellersdorf wächst

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit vergangenem Jahr waren die Containerwohnheime am Blumberger Damm in Marzahn-Hellersdorf geschlossen, nun werden sie ab Mitte November wieder in Betrieb genommen. Das teilte das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) am Montag mit. Grund dafür seien steigende Zahlen Schutzsuchender, die in Berlin ankommen. Bis zu 400 Menschen können bei Maximalbelegung in der Unterkunft wohnen, die auf eine temporäre Nutzung ausgelegt ist. Fünf neue Unterkünfte mit 1200 Plätzen sollen berlinweit zur Verfügung stehen, im Winter sollen noch weitere dazukommen, sagt LAF-Pressereferentin Monika Hebbinghaus.

Geflüchtete, Migrant*innen und Unterstützer*innen kritisieren schon lange die Zustände in den temporären Unterkünften. »Es wird das Bild einer plötzlich eintretenden Krise produziert, um zu rechtfertigen, dass nicht genug Ressourcen zur Verfügung stehen, um angemessene Unterbringung zu gewährleisten«, sagt Jennifer Kamau von der feministischen und antirassistischen Gruppe International Women* Space. Sie selbst habe sich die aktuelle Situation in der Erstaufnahmeeinrichtung im brandenburgischen Eisenhüttenstadt angeschaut. »Es gibt nicht genug zu essen und nicht genug Kleidung. Die Menschen sitzen dort tagelang fest, ohne sich registrieren zu können«, sagt sie. Wenn solche Unterkünfte dann noch in einer Umgebung errichtet werden, in denen es, wie in Marzahn, in der Vergangenheit bereits zu rassistischen Mobilisierungen gekommen sei, würden Geflüchtete zusätzlich in Gefahr gebracht.

Die Anwohnenden und soziale Einrichtungen vor Ort seien erst vor Kurzem über die Wiedereröffnung informiert worden, sagt Kaspar Röttgers vom Projekt Berlin Entwickelt Neue Nachbarschaften am Standort Blumberger Damm zu »nd«. Dabei habe sich »das frühzeitige Einbeziehen der Nachbarschaft in der Vergangenheit als wichtiges Instrument erwiesen, um feindlichen Reaktionen entgegenzuwirken«, so Röttgers. In Marzahn hatten 2015 rechtsextreme Proteste gegen die Unterkunft am Blumberger Damm stattgefunden, in den vergangenen Jahren sei es aber ruhig gewesen. »Mit größeren Mobilisierungen wie in den Jahren 2015 und 2016 rechnen wir derzeit nicht«, sagt er. Allerdings hält er eine Skandalisierung der Wiedereröffnung durch rechtspopulistische Parteien für wahrscheinlich, und es sei noch nicht abzusehen, ob diese durch die Bevölkerung aufgegriffen werden.

Sorge bereite etwa die rechtsextreme Partei Der Dritte Weg, die zurzeit nach Guben an der deutsch-polnischen Grenze mobilisiert, um Migrant*innen am Grenzübertritt zu hindern. Benjamin Kramer, Erzieher in der Jugendfreizeiteinrichtung »Anna Landsberger« in Marzahn, findet es daher wichtig, über »geeignete, friedliche Gegenmaßnahmen« nachzudenken. Insgesamt glaube er aber, dass der Großteil der Bevölkerung die Reaktivierung der Anlage befürwortet.

Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf zeigt sich zuversichtlich. »Wir haben ein erprobtes, leistungsfähiges und engagiertes Netzwerk, auf das wir zurückgreifen können. Wir kennen den Betrieb der Einrichtung bei Maximalbelegung und können uns darauf vorbereiten«, so Bezirkssprecher Frank Petersen. Auf soziale Einrichtungen vor Ort sei weiterhin Verlass. Auch das LAF sieht den kommenden Monaten gelassen entgegen. »In den vergangenen Jahren haben wir kaum noch Proteste oder gar Anschläge gegen LAF-Unterkünfte aus dem rechten Spektrum erlebt«, sagt Sprecherin Hebbinghaus. Schutzkonzepte vor Angriffen auf die Unterkünfte und die Bewohner*innen würden von den Betreibern der Unterkünfte gestellt, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR).

Felix Müller von der MBR Berlin sieht dennoch die Gefahr, dass die jetzige Situation von rechtsextremen und rechtspopulistischen Gruppen und Parteien als Aufhänger verwendet wird. Marzahn-Hellersdorf sei schon 2014 ein Schwerpunkt geflüchtetenfeindlicher Mobilisierung gewesen. Auch die AfD habe im Wahlkampf die Unterbringung von Geflüchteten thematisiert. »Das wichtigste Mittel gegen rassistische Mobilisierung ist eine engagierte Zivilgesellschaft, die sich ganz klar auch vor der eigenen Haustür positioniert«, sagt Müller.

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