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Anja Mayer: Doch noch in den Bundestag

Linke-Landeschefin Mayer wird Büroleiterin der Abgeordneten Hennig-Wellsow

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.
Anja Mayer vor dem Hintergrund des Bundestags in Berlin
Anja Mayer vor dem Hintergrund des Bundestags in Berlin

Zwar verpasste Brandenburgs Linke-Landesvorsitzende Anja Mayer bei der Bundestagswahl am 26. September den Einzug ins Parlament. Dennoch wird der Bundestag ab Montag, 1. November, ihr neuer Arbeitsort sein. Sie leitet dann dort das Büro der neuen Abgeordneten Susanne Hennig-Wellsow, die zugleich Co-Chefin der Bundespartei ist.
Über ihre neue berufliche Aufgabe informiert Anja Mayer die Genossen in ihrem Landesverband Brandenburg in einem Mitgliederbrief, der »nd« vorliegt. Bei denjenigen Mitgliedern, die in der Landesgeschäftsstelle ihre E-Mail-Adresse hinterlegt haben, ist das Schreiben bereits im Postfach. Die übrigen werden es Anfang der Woche in ihrem Briefkasten finden.

In dem Mitgliederbrief teilt Mayer außerdem mit, dass sie ab sofort nicht mehr hauptamtlich als Landesvorsitzende arbeiten werde. Sie wolle die Funktion aber ehrenamtlich weiter ausüben, bis zur Neuwahl des Landesvorstands Anfang April 2022. Zu diesem Zeitpunkt will Mayer die Führung aus der Hand geben. Sie war dann vier Jahre Landesvorsitzende, zunächst in einer Doppelspitze mit der damaligen brandenburgischen Sozialministerin Diana Golze und schließlich mit Katharina Slanina, die für die Linksfraktion im Bundestag tätig ist. Slanina möchte beim Landesparteitag im April für eine zweite Amtszeit von zwei Jahren kandidieren.

Bei ihrer Nominierung für den Bundestag hatte Anja Mayer den auf alle Fälle als sicher geltenden Listenplatz zwei angestrebt, aber von ihrem Landesverband nur Listenplatz drei erhalten. Ihr vorgezogen wurde die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg, die den Sprung ins Parlament wieder geschafft hat. Platz drei hätte unter Umständen auch noch ausreichen können. Aber diese Umstände sind nicht eingetreten.
Die 41-jährige Mayer geht in dem zwei Seiten langen Mitgliederbrief darauf ein. Die bundesweit 4,9 Prozent für die Linkspartei seien ein »katastrophales Ergebnis«, schreibt sie. »In Brandenburg erreichten wir 8,5 Prozent der Zweitstimmen. Gemessen an der letzten Bundestagswahl bedeutet das eine Halbierung der Wahlergebnisse.«

Mayer erklärt: »Für mich kristallisiert sich aber nicht eine einfache Antwort oder die eine Ursache für unsere Niederlage heraus. Ich vermag auch nicht den oder die ›Schuldigen‹ zu erkennen.« Sie nehme jedoch wahr, so die Politikerin, dass es sehr viele Versuche von Analysen gebe und vielfach kämen diese zu höchst unterschiedlichen, zuweilen auch vollkommen gegensätzlichen Erklärungsmustern. Ebenfalls werde deutlich, »dass wir Gefahr laufen, uns zu zerlegen«.

Wieder besser hinbekommen müsse die Partei den Dreiklang zwischen außerparlamentarischer Bewegung, konstruktiver parlamentarischer Oppositionsarbeit und erkennbarem linken Handeln in Regierungsverantwortung in Ländern und Kommunen.
Die Linke sei für sie »politisches Zuhause« und »politische Heimat«, sagt Mayer. »Ich werde dafür kämpfen, dass ich nicht obdachlos werde.« Über ihre berufliche Neuorientierung hat Mayer zunächst den geschäftsführenden Landesvorstand und am Freitag den gesamten Landesvorstand in Kenntnis gesetzt. »Mir liegt es sehr am Herzen«, schreibt sie, »dass uns ein ebenso geordneter wie erfolgreicher Personalwechsel an der Spitze der Landespartei gelingt, ohne unnötige persönliche Verletzungen«. Aus der Landespolitik will sich Mayer nicht verabschieden, sondern »ohne Funktion« an der Basis mitarbeiten.

Seit 1990 hatten die Sozialisten in Brandenburg 13 verschiedene Landesvorsitzende, die bis auf eine Ausnahme alle höchstens vier Jahre im Amt waren. Die Ausnahme ist Thomas Nord. Er war Vorsitzender von 2005 bis 2012, als der Landesverband Rekordergebnisse einfuhr – darunter die 28,5 Prozent bei der Bundestagswahl 2009. Die Landtagsabgeordnete Anita Tack war von 1999 bis 2001 die erste und einzige Frau an der Spitze – bis es im Jahr 2018 mit Anja Mayer und Diana Golze die erste Doppelspitze gab, die dann gleich eine weibliche Doppelspitze war.

Die gelernte Arzthelferin Anja Mayer stammt aus Bayern. Die Frage, ob sie nächstes Jahr überhaupt noch einmal zur Landesvorsitzenden gewählt worden wäre, bleibt hypothetisch. Fakt ist, dass bereits nach der Landtagswahl 2019, als ihre Partei von 18,6 auf 11,7 Prozent abgerutscht war, an ihrem Stuhl gesägt wurde. Mit bescheidenen 61,7 Prozent wurde sie aber 2020 als Landesvorsitzende bestätigt – und war damit angesichts der Situation nicht unzufrieden, sprach von einem »ehrlichen Ergebnis«. 2018, bei ihrer ersten Wahl in eine Doppelspitze, hatte sie noch 82,3 Prozent erhalten. Nachdem Mayer nur Platz drei der Landesliste für die Bundestagswahl erhielt, spielte sie mit dem Gedanken, sofort hinzuwerfen, entschied sich aber anders. Die Unruhe, die dadurch entstanden wäre, hätte die Partei im Wahlkampf nicht gebrauchen können.

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