• Berlin
  • Koalitionsgespräche in Berlin

Realistischere Ziele und mehr Bürgernähe

Verhandlungspartner einig über Prinzipien und Ziele der Zusammenarbeit in rot-grün-roter Koalition

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war eine Demonstration der Harmonie: Gut gelaunt traten die Spitzenvertreter der Verhandlungsdelegationen von SPD, Grünen und Linkspartei, Franziska Giffey, Bettina Jarasch und Klaus Lederer, am Freitagnachmittag im Neuköllner Estrel-Hotel vor die Presse. Zuvor hatte die Dachgruppe der drei Parteispitzen in einer zweiten von zehn geplanten Verhandlungsrunden offenbar Einigkeit über die Grundprinzipien der Zusammenarbeit und die Ziele einer künftigen Koalition hergestellt. Man sei auf einem guten Weg, um die für den 24. November anvisierte Finalisierung des Koalitionsvertrages erfolgreich voranzubringen, sagte Franziska Giffey (SPD).

Beigetragen zu der aufgeräumten Stimmung hatte die Nachricht von der Einigung im Tarifstreit zwischen Verdi und dem Krankenhauskonzern Vivantes. Ein Erfolg in Corona-Zeiten, die neben den Stärken vor allem die Defizite des Gesundheits- und Pflegesektors aufgezeigt haben, in dem sich alle drei Koalitionäre nun ein wenig sonnen konnten.

Giffey verwies zudem auf die zwei Tage zuvor veröffentlichte Wirtschaftsprognose der Bundesregierung für 2022, die für Berlin das stärkste Wachstum im bundesweiten Vergleich vorhersieht. Das sei ein gutes Motiv, um alle politischen Schwerpunkte so zu gestalten, dass Berlin in der Wirtschaft, in der Kultur und in der internationalen Zusammenarbeit Vorreiter werden könne, erklärte sie. Auch wolle man die Frage der sozialen Herausforderungen der Stadt angehen.

Der erste Teil des Koalitionsvertrages sei fast fertig. »Die Präambel ist auf einem guten Stand«, so Giffey. Man habe sich auf Grundsätze der Zusammenarbeit verständigt. »Das Zusammenspiel zwischen Parteien, Fraktionen und Senat ist für uns ganz entscheidend, damit es insgesamt gelingen kann, dieses Bündnis auch so zu gestalten, dass wir Berlin voranbringen.« In der Präambel habe man sich auf fünf große Linien verständigt: Berlin als zukunftsfähige Stadt, das soziale sowie das ökologische Berlin, die Wirtschaftsstärke der Stadt und die Servicestadt Berlin. »Der Koalitionsvertrag wird diesen großen Linien entsprechen«, sagte die wohl nächste Regierende Bürgermeisterin.

Wie zuvor Franziska Giffey hoben auch Bettina Jarasch und Klaus Lederer die gute, von vertrauensvollem Miteinander geprägte Atmosphäre in den Gesprächen hervor.

Laut Jarasch entstehe ein gemeinsames Verständnis für das, »was in Berlin ansteht in den nächsten Jahren« - die großen Themen der Zukunftsfähigkeit der Stadt, »das soziale, das ökologische, das wirtschaftsstarke Berlin mit einer funktionierenden Verwaltung als Fundament und in einer offenen Gesellschaft«. Klar sei dabei, dass es das nicht in einer bloßen Addition der »Lieblingsthemen« der drei Parteien, sondern nur als Miteinander, im Zusammenwirken geben könne, damit »wir weiter den Wohlstand sichern, damit Menschen ihre Mieten weiter bezahlen können, damit wir auch das Soziale bezahlen können«, so die Grünen-Frontfrau.

»Ich sehe bei den Zukunftsfragen der Stadt bei den drei Parteien spezifische Stärken«, sagte Klaus Lederer. »Das zusammenzutragen, dafür sehe ich gute Chancen.« Der Linken-Spitzenpolitiker, der fünf Jahre lang als Kultursenator Stärken und Schwächen des scheidenden Senats miterlebte, kündigte einen »Aufbruch aus Erfahrung« an. Wie Giffey und Jarasch glaubt er, dass sich die Koalition künftig realistischere Ziele setzen müsse.

»Jetzt konzentrieren wir uns auf das, was machbar ist«, sagte Jarasch. Giffey versprach den Berlinern, für eine funktionierende Stadt zu sorgen. So soll ein Monitoring sichern, einmal beschlossene Vorhaben auch umzusetzen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -