Die Zerschlagung der Deutschen Bahn

FDP und Grüne bringen bei Koalitionsverhandlungen Spaltung des Staatskonzerns ins Gespräch

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Letztlich machte die Finanzkrise 2007/08 Hartmut Mehdorn einen Strich durch die Rechnung. Als Chef der Deutschen Bahn wollte er das staatseigene Unternehmen an die Börse bringen. Doch wurde unter seiner Ägide nichts daraus. Nun, eineinhalb Jahrzehnte nach dem geplatzten Börsengang, ist die Zukunft der Deutschen Bahn wieder ungewiss. FDP und Grüne haben sich offenbar auf eine Zerschlagung des Konzerns geeinigt, wie der »Spiegel« berichtet. Nur muss noch die SPD in den Verhandlungen zu einer Ampel-Koalition von diesen Plänen überzeugt werden.

Wie die Zerschlagung aussehen könnte, ist noch ein Stück weit offen. Letztlich läuft aber alles auf die Teilung in zwei Geschäftsbereiche aus: auf der einen Seite der Bereich DB Netze, der Schieneninfrastruktur, die Bahnhöfe und die Energieversorgung unterhält, auf der anderen der Transportbereich mit dem Fern-, Regio- und Güterverkehr. Diese beiden Teile könnten entweder unter dem Dach einer gemeinsamen Holding bleiben oder in eine gemeinwohlorientierte, öffentliche Gesellschaft für die Infrastruktur und eine GmbH für die Züge aufgespalten werden.

Dass FDP und Grüne die Zerschlagung jetzt fordern, kommt nicht ganz überraschend. Beide Parteien bringen dies schon seit Längerem ins Spiel. »Mehr Geld alleine wird die Probleme der Bahn nicht lösen«, heißt es zum Beispiel in einem Beschluss der Grünen-Fraktion im Dezember 2020. Die dringend zu steigernden Investitionen in Netz und Fahrzeuge seien nur dann nachhaltig, wenn auch Strukturen erneuert und das System Schiene als Ganzes gestärkt werde, argumentieren die Abgeordneten und begründen so, dass eine Zerschlagung des Konzerns angeblich auch aus Klimaschutzgründen sinnvoll sein soll.

Wohin die Fahrt gehen soll, machte die FDP indes in ihrem Wahlprogramm deutlich: »Wir Freie Demokraten wollen die Infrastruktur und den Bahnbetrieb bei der Schiene trennen und den Betrieb privatisieren.« Mehr Personen und Güter auf der Schiene zu befördern sei »nicht mit einer Staatsbahn, sondern nur mit mehr Wettbewerb« zu machen, so die FDP in ihrem neoliberalen Duktus. Unterstützung bekommen die beiden Juniorpartner in der bevorstehenden Ampel-Koalition von der Lokführergewerkschaft GDL und der Monopolkommission, die am Freitag eine ähnliche Aufteilung des Konzerns forderte. Die DGB-Gewerkschaft EVG ist jedoch gegen diese Pläne, weshalb auch die SPD skeptisch ist. Laut »Spiegel«-Bericht wollen FDP und Grüne die Koalitionspartnerin überreden, indem sie sich in Personalfragen kompromissbereit zeigen.

Ob die Bahn durch die Zerschlagung pünktlicher wird, die Tickets günstiger werden und mehr Menschen die Bahn nutzen, sei dahingestellt. Die Linke-KoVorsitzende Janine Wissler hält die Pläne von FDP und Grünen jedenfalls für einen Irrweg. »Mehr Wettbewerb und Privatisierung sind nicht die Lösung, überall in Europa hat das zu massiven Problemen geführt«, erklärte sie am Freitag. Schiene und Zugbetrieb gehörten zusammen. »Wir brauchen keine zwei Gesellschaften mit zwei Vorständen und einen jahrelangen lähmenden Umstrukturierungsprozess, der Tür und Tor zu weiterer Privatisierung öffnet«, so Wissler.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -