- Kommentare
- Präsident kündigt Neuwahlen an
Portugals wirkliche Krise
Sozialisten spekulieren auf neuen Regierungsauftrag
Die Sozialisten von Premier António Costa haben es darauf ankommen lassen. Nachdem Linksblock, Grüne und KP ihre Drohung wahr gemacht und gemeinsam mit der rechten Opposition gegen den Haushaltsentwurf gestimmt haben, löste Präsident Marcelo Rebelo de Sousa nun sein Versprechen ein, bei einem Nein des Parlaments vorgezogene Neuwahlen auszurufen. Die politische Krise ist nicht von der Hand zu weisen: Costas als Minderheit regierende sozialdemokratische PS hat ihre linken Stützparteien verprellt, gleichzeitig besteht ein starker Handlungsdruck, den Problemen des Landes entgegenzuwirken, nicht zuletzt mittels der milliardenschweren Corona-Hilfen der EU. Linksblock, Grüne und PCP fordern eine Politik ein, die mehr als nur Schadensbegrenzung darstellt: bessere Löhne und Renten, den Schutz durch Tarifverträge, Investitionen und eine echte Aufwertung von Gesundheitsberufen etwa.
Der konservative Staatschef hat sich mit dem 30. Januar allerdings auf einen relativ späten Wahltermin festgelegt. Die Entscheidung ist eine Hilfestellung für die rechten Parteien, die sich intern erst über ihr Spitzenpersonal einigen müssen. Auch den von keinem Machtkampf erschütterten Sozialisten - António Costa ist als Parteichef und erneuter Bewerber um das Amt des Ministerpräsidenten ihre unangefochtene Nummer eins - kommt das nicht ungelegen: Die Schuld für die politische Hängepartie im Land schieben sie den uneinsichtigen früheren Partnern zu. Nicht wenige in der PS hoffen sogar auf eine absolute Mehrheit. Im Wahlkampf will sich die Partei auch Forderungen zu eigen machen, bei denen sie sich in der Haushaltsdebatte noch querstellte.
Ob das Kalkül aufgeht oder noch mehr Politikfrust Wähler nach ganz rechts treibt, wird sich zeigen. Portugals Quadratur des Kreises - Musterschüler der EU und Heiler der von ihrer Troika geschlagenen Wunden - ist abhängig von externen Faktoren und stößt an ihre Grenzen, strukturelle Probleme bleiben ungelöst.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.