Republika Srpska will mehr Machtbefugnisse

Im Vielvölkerstaat Bosnien und Herzegowina sorgt der Schatten der Geschichte für neue Spannungen

  • Roland Zschächner
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war eine Ausladung erster Güte. Eigentlich sollte Christian Schmidt, der Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, in der vergangenen Woche vor dem UN-Sicherheitsrat über die Lage des von ihm überwachten Landes sprechen. Doch der ehemalige deutsche Landwirtschaftsminister blieb still, auch wurde sein Amt in der Resolution zur Verlängerung des EU-Militäreinsatzes Eufor in Bosnien mit keinem Wort erwähnt. Damit setzte sich Russland durch, das im Vorfeld gedroht hatte, das Mandat für die rund 700 Soldaten umfassende Truppe abzulehnen. Moskau betrachtet die im Mai erfolgte Wahl Schmidts als illegitim, weil sie von Deutschland und den USA durchgesetzt worden war - entgegen dem üblichen Konsensverfahren. Lediglich die westlichen Staaten würden den CSU-Politiker stützen. Außerdem verweisen Russland und China darauf, dass Bosnien seine internen Probleme frei von äußerer Einmischung lösen sollte.

Absolutistischer Hoher Repräsentant

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Nun muss der Westen die Gemüter beruhigen. Am Sonntag besuchte der US-Staatssekretär Gabriel Escobar die bosnische Hauptstadt Sarajevo. Seine Botschaft lautet: Washington und seine Verbündeten werden keinen Krieg in der ehemaligen jugoslawischen Republik zulassen. Diese Ängste wurden von westlichen Medien und Schmidt geschürt, der in seinem geplanten Bericht warnen wollte: Die Gefahr eines neuen Konfliktes sei »sehr real«, weil der serbische Landesteil auf Separatismus setze; notfalls müsse neues Militär ins Land geholt werden.

Bosnien steckt seit Jahrzehnten in einer tiefen Krise, die nun einen neuen Höhepunkt erreicht hat. Auslöser war ein Dekret von Schmidts Vorgänger, dem österreichischen Diplomaten Valentin Inzko. Der änderte eigenmächtig das bosnische Strafrecht, nun wird die Leugnung von Kriegsverbrechen und Völkermord mit Haft bestraft. Dass Inzko dies einfach dekretieren konnte, liegt an der absolutistischen Macht, mit der der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft ausgestattet ist. Als neutrale Instanz gedacht, kann er gewählte Vertreter absetzen, Gesetze annullieren und durch eigene Verordnungen ersetzen. Möglich gemacht hat dies das Dayton-Abkommen von 1995, mit dem der postjugoslawische Bosnien-Krieg beigelegt wurde. Der Bürgerkrieg dauerte bis 1995 und kostete mehr als 100 000 Menschen das Leben; er begann im März 1992 nach einem Referendum, das die in Bosnien lebenden Serben boykottierten, und der Unabhängigkeitserklärung von Bosnien und Herzegowina.

Das Inzko-Gesetz zielt vornehmlich darauf ab, wie das Massaker von Srebrenica historisch eingeordnet wird. Die Vertreter der überwiegend von Serben bewohnten Republika Srpska (RS), eine von zwei politischen Einheiten von Bosnien und Herzegowina, lehnen dies scharf ab und haben sich aus den Institutionen auf nationaler Ebene zurückgezogen. Milorad Dodik, serbisches Mitglied im dreiköpfigen Staatspräsidium, kündigte zudem an, alle relevanten Institutionen - einschließlich Armee, Justiz und Steuerbehörde - aus Sarajevo in die RS zu verlagern. Am Dienstag wies Dodik den Vorwurf Schmidts zurück, die RS verfolge einen separatistischen Kurs. Ungewollt ehrlich brachte er gegenüber der Presse die aktuelle Misere auf den Punkt: »Wenn wir Separatisten sind, dann ist er ein Besatzer.«

Chance auf Demokratisierung vertan

Dabei hätte es in den vergangenen Jahren wiederholt die Möglichkeit gegeben, das Land zu demokratisieren. So im Frühling 2014, als in vielen Städten des Landes die Menschen wegen der desolaten sozioökonomischen Situation auf die Straße gingen. Doch gegen die Bewegung bildete sich eine Front der politischen Eliten im Bündnis mit Valentin Inzko, der androhte, ausländische Truppen gegen die Demonstranten einzusetzen. Das Resultat waren Ernüchterung und Hoffnungslosigkeit. Seitdem haben einerseits Zehntausende wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage das Land in Richtung Westeuropa auf der Suche nach Arbeit verlassen. Andererseits erstarken nationalistische Kräfte unter den drei großen Volksgruppen Bosniaken, Serben und Kroaten.

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