Mehr Gehalt ist nicht alles, aber ...

Mit Warnstreiks in Kliniken haben Beschäftigte des öffentlichen Dienstes erneuten Arbeitskampf begonnen

  • Martin Höfig
  • Lesedauer: 3 Min.

An Universitätskliniken und ähnlichen Gesundheitseinrichtungen im ganzen Bundesgebiet haben am Dienstag erneute Warnstreiks von Beschäftigten begonnen. Dazu aufgerufen hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Im Hinblick auf die entscheidende dritte Runde der Ländertarifverhandlungen Ende November wollen die Beschäftigten in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes der Länder die Warnstreiks in den kommenden zwei Wochen schrittweise ausdehnen.

»Das Verhalten der Länderarbeitgeber ist absolut empörend und hat mit der Lebenswirklichkeit der Beschäftigten nichts mehr zu tun«, erklärte der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke anlässlich des Arbeitskampfes. Empfindlich steigende Lebenshaltungskosten und die wachsende Arbeitsbelastung würden von den Arbeitgebern komplett ausgeblendet. »Die Beschäftigten im Gesundheitswesen tragen dauerhaft eine große Last in der Corona-Pandemie, und das soll noch nicht mal ansatzweise gewürdigt werden«, so Werneke weiter.

Die Streikbereitschaft »übertrifft alle Erwartungen«, hieß es am Dienstag bei Verdi. So beteiligten sich beispielsweise in Nordrhein-Westfalen mehr als 2000 Beschäftigte an den Arbeitsniederlegungen. Auch in Baden-Württemberg war die Streikbereitschaft mit mehr als 1300 Beteiligten hoch. Hier wurde vor allem an den meisten Zentren für Psychiatrie ganztägig gestreikt. In Stuttgart wurde zudem auch an Universitäten und weiteren Landesdienststellen zum Warnstreik aufgerufen, ebenso am Staatstheater in Karlsruhe, wo sämtliche Vorstellungen ausfielen. »Die Beschäftigten stecken bis zum Anschlag in den Belastungen der vierten Coronawelle. Ein guter und wertschätzender Tarifabschluss im öffentlichen Dienst ist also überfällig und finanzierbar«, sagte Martin Gross, Verdi-Landesbezirksleiter in Baden-Württemberg, in Bezug auf die Äußerung des Finanzministers des Landes, Danyal Bayaz. Dieser hatte am Montag getönt: »Für die Einnahmen des Landes ist die Pandemie vorbei, es geht wieder steil bergauf.« Die Haushaltskommission von Grünen und CDU hätte die Tarifrunde am Montagabend dann aber ignoriert, statt ein Zeichen der Wertschätzung an die eigenen Landesbeschäftigten zu senden, so Gross weiter.

Unterstützung für den Arbeitskampf kommt von der Linkspartei. »Eine spürbare Lohnerhöhung ist mehr als angemessen«, sagte Linke-Parteichefin Janine Wissler. Schon allzu lange seien beispielsweise in der Pflege die Löhne viel zu niedrig. »Um mehr Pflegekräfte zu reaktivieren und den Beruf insgesamt attraktiver zu machen, ist ein deutliches Lohnplus notwendig. Mehr Gehalt ist nicht alles, aber: Ohne mehr Gehalt wird der Pflegenotstand niemals enden«, mahnte Wissler.

In der vergangenen Woche hatten bereits mehrere Tausend Beschäftigte mit Warnstreiks und Aktionen Druck gemacht, um in der laufenden Tarifrunde ein verhandlungsfähiges Angebot einzufordern. Auch am Jugendaktionstag am 10. November beteiligten sich weit über Tausend Nachwuchskräfte aus allen Feldern des Tarifbereiches der Länder, darunter auch viele studentisch Beschäftigte, für die Verdi ebenfalls Forderungen aufgestellt hat.

Konkret fordert die Gewerkschaft für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder eine Einkommenserhöhung um fünf Prozent, mindestens aber 150 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Beschäftigte des Gesundheitswesens sollen monatlich 300 Euro mehr erhalten, Auszubildende 100 Euro mehr. Verhandelt wird für rund 1,1 Millionen Tarifbeschäftigte, wovon 940 000 Vollzeitbeschäftigte und 48 000 Auszubildende sind.

Die Arbeitgeberseite, bestehend aus der vom niedersächsischen Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) geführten Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), verweist jedoch darauf, dass der Staat in der Pandemie viele Ausgaben schultern musste, um Bevölkerung und Wirtschaft zu schützen. Daher passe eine Tariferhöhung um fünf Prozent beziehungsweise Beträge von 150 oder 300 Euro »nicht in die Landschaft«. Im Widerspruch zu seinem baden-württembergischen Amtskollegen sagte Hilbers am Dienstag: »Das würde in den unteren Lohngruppen im Ergebnis zu einem Plus von bis zu 7,3 Prozent, im Gesundheitsbereich sogar bis zu 12,8 Prozent führen. Das können die Haushalte der Länder nicht verkraften.«

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