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Starker Start in den Olympiawinter

Deutsche Athleten feiern zum Auftakt auf Eis und Schnee viele Siege und Podestplätze

Der Deutsche Olympische Sportbund steht vor einer vermutlich turbulenten Mitgliederversammlung in knapp zwei Wochen. Ein Großteil des Präsidiums um Präsident Alfons Hörmann tritt nach Vorwürfen, in der Geschäftsstelle herrsche ein »Klima das Angst«, nicht mehr an. Auch die Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker verlässt das Schiff, nachdem sie in der Aufarbeitung der Affäre samt fragwürdiger Klagedrohungen gegen mutmaßliche Whistleblower keine gute Figur gemacht hat. An den Athleten allerdings scheint das spurlos vorüberzugehen. Zweieinhalb Monate vor den Olympischen Winterspielen in Peking zeigten sie am ersten großen Sportwochenende dieses Winters bereits herausragende Leistungen, die den DOSB hoffen lässt, dass das Sportliche die internen Querelen schnell in den Hintergrund drängen werden.

Allein am Samstag feierten deutsche Sportlerinnen und Sportler in Eisrinnen, auf Pisten und Schanzen vier Weltcuperfolge bei insgesamt neun Podiumsplatzierungen. Am Sonntag kamen bis zum Nachmittag noch einmal zwei Siege und fünf weitere Podestplätze hinzu.

Besonders eindrucksvoll war der Dreifacherfolg der deutschen Rodler Johannes Ludwig, Felix Loch und Max Langenhan. Für eine olympische Prognose war dieser Weltcup am besten geeignet, wurde er doch knapp 90 Kilometer von Peking entfernt auf der kommenden Olympiabahn in Yanqing ausgetragen. Besonders Ludwig, Olympiadritter von 2018 in Pyeongchang, scheint Fahrlinie und Materialabstimmung schon perfektioniert zu haben, stellte er doch in beiden Läufen nicht nur wie üblich die besten Startzeiten auf, sondern konnte seinen Vorsprung diesmal auch in den folgenden 17 Kurven jedes Mal auf am Ende herausragende 0,854 Sekunden ausbauen.

»Das war auf jeden Fall ein sehr guter Einstieg in die Saison. Ich bin insgesamt sehr zufrieden. Ich hatte sehr wenig Fehler drin«, resümierte Ludwig. Zuvor hatten bereits die Thüringer Doppelsitzer Sascha Benecken und Toni Eggert ihre olympische Generalprobe gewonnen. Einzig Julia Taubitz verschenkte mit einem Fahrfehler in der vorletzten Kurve, dass die Deutschen alle Rennen gewannen. So wurde sie hinter der Österreicherin Madeleine Egle Zweite.

Im Eiskanal von Innsbruck zeigte das deutsche Bobteam ebenfalls seine starke Frühform. Bei den Frauen gab es im Zweier einen Doppelsieg der Pilotinnen Laura Nolte und Kim Kalicki. Nolte, die zuletzt bereits bei den Testwettkämpfen in Peking die gesamte Konkurrenz hinter sich gelassen hatte, holte zudem im Monobob Rang drei. Derweil werden die Männerwettbewerbe auch in diesem Winter bereits wieder von Rekordweltmeister Francesco Friedrich dominiert. Sowohl im Zweier als auch im Vierer gewann der Sachse ungefährdet vor der zweiten deutschen Crew von Pilot Johannes Lochner. So enttäuschten in Innsbruck lediglich die deutschen Skeletonfahrerinnen, von denen Weltmeisterin Tina Hermann als Achte noch die beste Deutsche war.

Den starken Samstag durfte Skisprungweltmeister Karl Geiger mit einem Sieg zum Weltcupstart in Nischni Tagil krönen. Im zweiten Durchgang auf der Schanze im Ural fing er den letztjährigen Weltcupgesamtsieger Halvor Egner Granerud aus Norwegen noch ab. »Das hat richtig Spaß gemacht. Beide Sprünge waren so cool, ich komme aus dem Grinsen gar nicht mehr raus«, sagte Geiger in der ARD. Markus Eisenbichler als Sechster und der nach einem Kreuzbandriss zurückgekehrte Stefan Lehe (14.) rundeten ein überzeugendes Gesamtresultat ab. Im zweiten Springen am Sonntag überzeugte Geiger mit Rang zwei hinter Granerud erneut. Diesmal sammelten sogar alle sechs deutschen Springer Weltcuppunkte.

Den überraschendsten Erfolg feierte indes die alpine Skirennläuferin Lena Dürr. Mehr als 13 Jahre hatte sie warten müssen, bis sie im Weltcup erstmals in einem Spezialslalom aufs Podium klettern durfte. Hinter Siegerin Petra Vlhova (Slowakei) und US-Star Mikaela Shiffrin fuhr die zu Tränen gerührte Münchnerin in Levi auf Rang drei. »So geil, wir haben alle zusammen geheult«, beschrieb Dürr die gemeinsame Feier mit dem in den vergangenen Jahren so arg gebeutelten deutschen Slalomteam. Musste die 30-Jährige auf ihr erstes Weltcuppodest in einem Einzelwettbewerb 171 Rennen lang warten, ging es bis zum zweiten um einiges schneller: Am Sonntag wurde sie erneut hinter den beiden Überläuferinnen Dritte.

Immerhin die Olympiaqualifikation erreichte zwar auch Eisschnellläufer Patrick Beckert über die 10 000 Meter. Doch Rang acht mit 13 Sekunden Rückstand auf die Medaillenränge in Stavanger waren eher enttäuschend für den Erfurter. »Es war ein schwerer Lauf. Aber wichtig war die Olympiaqualifikation, jetzt wird weitertrainiert«, sagte der 31-Jährige trotzig. Schlimmer lief es für Altmeisterin Claudia Pechstein. Nach einem schwachen Weltcupauftakt vor einer Woche erreichte sie auch über ihre Lieblingsstrecke, den 5000 Metern, nur die 18. Zeit aller Teilnehmerinnen. Damit ist ein Olympiastart in dieser Disziplin so gut wie ausgeschlossen, da die Strecke im Weltcup bis Peking nicht mehr gelaufen wird. Im Massenstart bietet sich für die 49-jährige Berlinerin jedoch noch eine weitere Gelegenheit für die Olympiaqualifikation.

Auch die Shorttrack-Abteilung des deutschen Eisschnelllaufverbands DESG dümpelt weiterhin im hinteren Mittelfeld herum. Selbst Vorzeigeathletin Anna Seidel verpasste mit Platz 16 über 1500 Meter in Debrecen knapp die zweite Olympianorm. In einer Woche bietet sich in den Niederlanden aber noch eine letzte Gelegenheit, um das Ticket für Peking endgültig zu lösen.

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