• Politik
  • Polizist mit Datenschutz-Fauxpas

Strafe für Schlamperei

Kriminalbeamter ließ sich Daten über V-Leute stehlen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

»Der Kofferraum ist kein Tresor«, so warnt die Polizei Autobesitzer vor potenziellen Dieben. Ausgerechnet ein Mitarbeiter des niedersächsischen Landeskriminalamts (LKA) aber scherte sich offensichtlich nicht um die Mahnungen, die seine Kollegen mit Faltblättern und Ähnlichem unter die Leute bringen. Während eines privaten Krankenhausbesuchs im Sommer 2019 in Hannover hatte der Beamte seinen Pkw geparkt und seine Aktentasche im Kofferraum liegengelassen, wohl meinend, dort sei sie sicher.

Doch der Mann hatte sich geirrt, wie er bei der Rückkehr zum Auto feststellen musste: Der Kofferraum war geöffnet, die Tasche verschwunden. Das einzig für den Polizisten selbst Wertvolle darin war seine EC-Karte. Mit ihr und der PIN-Nummer, die er sich irgendwie beschafft hatte, erleichterte der Dieb das Konto seines Opfers um 1000 Euro. Die Tasche und deren restlichen Inhalt warf er weg.

Doch dieser »Rest« brachte das Geschehen auf die politische Ebene, denn: In der Tasche befanden sich Akten, die der Geheimhaltung unterliegen. War ihr rechtmäßiger Besitzer doch für Ermittlungen in der islamistischen Szene und in dieser Funktion als Führer von »Vertrauensleuten« eingesetzt. Die Namen von rund 40 »V-Personen« sollen sich in den Papieren befunden haben, die in der Tasche waren. Wäre sie nicht von einem Dieb gestohlen worden, der sich nur für die Geldkarte interessierte, sondern in ganz andere Hände gelangt, hätten womöglich undercover arbeitende Menschen enttarnt und damit gefährdet werden können. Zu deren Glück hatte ein Angler die Tasche an einem Teich gefunden und bei einer Behörde abgegeben.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) erfuhr von dem Geschehen, hielt es aber geraume Zeit »unter der Decke«. Den Innenausschuss des Landtags informierte er erst zwei Monate nach der dem Diebstahl. Die Opposition im Parlament reagierte entsetzt: Julia Hamburg von den Grünen wetterte gegen »einen Innenminister, der auf Tauchstation geht«, wenn geheime Daten außer Kontrolle geraten. Der FDP-Abgeordnete Marco Genthe schimpfte, der Vorfall sei eine »erneute Panne« im Zuständigkeitsbereich von Pistorius. Genthe spielte damit auf die 2018 erfolgte Enttarnung eines Spitzels des Verfassungsschutzes an.

Ähnlich vergrätzt wie ein Teil der Politik reagierte auch das Landeskriminalamt auf die Schlampigkeit des Beamten und kürzte ihm für ein Jahr das Gehalt um fünf Prozent. Dagegen hatte der Beamte vor dem Verwaltungsgericht in Hannover geklagt – das jetzt in dem Fall entschieden hat: Der Polizist muss 2000 Euro Buße zahlen. Er habe gegen die Pflichten zur sicheren Verwahrung vertraulicher Dokumente und Tarnpapiere verstoßen und damit sich und andere Menschen »potenziell gefährdet«, begründete das Gericht sein Urteil. Der Mann kann dagegen Berufung einlegen.

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