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  • Politische Krise in Schweden

Zweite Chance für Magdalena Andersson

Sozialdemokratin soll nach politischem Eklat weiterhin Schwedens erste Ministerpräsidentin werden

Es war ein Paukenschlag und ein bisher nicht dagewesener Vorgang in der Geschichte des schwedischen Parlaments. Auf die Wahl der Sozialdemokratin Magdalena Andersson als Regierungschefin folgte am Mittwoch nicht die Annahme des Haushaltsentwurfs der Regierung, sondern des Vorschlags der Opposition. Und die Frau, die als erste Frau überhaupt in Schweden zur Staatsministerin gewählt wurde, muss ihr Glück noch einmal versuchen. Am kommenden Montag wird Parlamentspräsident Anders Norlén den Reichstag erneut über sie abstimmen lassen, wie er am Donnerstag ankündigte.

Dieser Ausgang ist das Ergebnis eines Coups der marktradikalen Zentrumspartei von Annie Lööf, deren Abgeordnete die Wahl der bisherigen Finanzministerin Andersson bei der Staatsminister-Abstimmung durch Stimmenthaltung zwar mit möglich machten, der rot-grünen Koalition in der Budgetfrage dann aber noch am selben Tag die Beine wegzogen. In erster Linie handelt es sich um einen politischen Affront, Experten sehen die Unterschiede zum Haushaltsentwurf der Koalition vor allem in Details, Andersson geht davon aus, damit arbeiten zu können.

Die Folgereaktion auf die Annahme des Haushaltsplans von konservativer Moderater Sammlungspartei, Christdemokraten und rechtsextremen Schwedendemokraten war der Austritt der Grünen aus der Koalition. Notgedrungen blieb auch für Andersson nur eine Konsequenz: Nur sieben Stunden nach ihrer hauchdünn erfolgreichen Wahl reichte die Sozialdemokratin ihren Rücktritt von einem Amt ein, dass sie noch nicht einmal hatte antreten können. Die förmliche Ernennung des Regierungschefs erfolgt in Schweden im Anschluss an die Entscheidung des Parlaments bei einem Staatsakt durch den König. Der Termin mit Carl XVI. Gustaf war für diesen Freitag vorgesehen gewesen. Nun bleibt der zurückgetretene Ministerpräsident Stefan Löfven mit einer Übergangsregierung geschäftsführend weiter im Amt.

»Unsere Aufgabe ist es nicht, die ökonomischen Abmachungen der Schwedendemokraten umzusetzen. Wir wollen grüne Politik verwirklichen«, erklärte gegenüber dem Sender SVT der scheidende Umweltminister Per Bolund. Diese Möglichkeit sei für seine Partei nun nicht mehr gegeben. Der nun geltende Etat bringt unter anderem eine Senkung der Benzinsteuer mit sich. Gleichzeitig sichern die Grünen Andersson auch für einen möglichen zweiten Anlauf für ein rein sozialdemokratisches Kabinett ihre Unterstützung zu. Auch Linkspartei und Zentrum haben bereits erklärt, dass eine erneute Wahl von Andersson nicht an ihnen scheitern wird.

Vorgezogener Wahlkampf

Politisch war der Querschuss des Zentrums ein Akt der Vergeltung dafür, dass die Minderheitsregierung aus Sozialdemokraten und grüner Umweltpartei gegen ihren ultimativen Willen überhaupt mit der linken Vänsterpartiet verhandelt hatte, auf deren Stimmverhalten es bei der Wahl von Andersson ebenfalls ankam. Das Zentrum verfolgt eine Linie der Gleichsetzung und Ausgrenzung der politischen Ränder. Anders als die mittlerweile umgefallene Partei Die Liberalen lehnt die Zentrumspartei daher auch weiterhin eine Zusammenarbeit mit den Schwedendemokraten ab. Die Grünen werfen dem Zentrum vor, mit ihrem Vorgehen gerade den Einfluss der Schwedendemokraten gestärkt zu haben. Und das, obwohl das rot-grüne Budget wichtige Anliegen der Zentrumspartei berücksichtigt habe. Vor der Wahl von Andersson hatte sich die Koalition mit ihrer Stützpartei zur Rechten über Lockerungen beim Strandschutz und größere Freiheiten für Waldbesitzer einigen können.

Stärker und deutlich anders konnte sich jedoch zuletzt die Linkspartei mit ihrer Vorsitzenden Nooshi Dadgostar profilieren. Die Linke handelte eine Übereinkunft aus, die steuerfreie Zuschläge zur Aufbesserung von Hunderttausenden Niedrigrenten beinhaltet. Außerdem soll noch im Laufe dieser Mandatsperiode eine Strukturreform vorgelegt werden, um benachteiligte Rentenbezieher besser zu stellen.

Sollte es zu einer Regierung Andersson kommen, bleiben die Deals von Rot-Grün mit dem Zentrum und der Linkspartei weiter gültig. Die politische Instabilität wird nicht vor der nächsten Reichstagswahl enden. Regulär steht die am 22. September 2022 an.

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