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Umstrittene Gisela-Gneist-Straße bleibt
Gutachten über Nazi-Anwandlungen der Namensgeberin stimmen das Stadtparlament nicht um
Nach nd-Informationen gibt es im Moment keinerlei Anzeichen dafür, dass die Stadtverordnetenversammlung von Oranienburg die umstrittene Benennung einer Straße nach Gisela Gneist (1930-2007) zurücknimmt. Wie berichtet, hat ein Gutachten des Münchner Instituts für Zeitgeschichte zusammengefasst, was alles gegen Gisela Gneist spricht. Die Frau war von 1995 bis zu ihrem Tod Vorsitzende einer Arbeitsgemeinschaft ehemaliger Häftlinge des sowjetischen Speziallagers Sachsenhausen, soll die Nazizeit verklärt und gegenüber Rechtsextremisten keine Berührungsängste gezeigt haben.
Das Stadtparlament hatte im Juni 2020 entschieden, eine Straße im neuen Wohngebiet Aderluch nach Gisela Gneist zu benennen. Dort befand sich von 1942 bis 1945 ein Außenkommando des Konzentrationslagers Sachsenhausen. Der Beschluss der Stadtverordneten sei für die ehemaligen KZ-Häftlinge und ihre Nachkommen »ein Affront, der jede Empathie und Sensibilität vermissen« lasse, erklären Dik de Boef und Andreas Meyer, ihres Zeichens Generalsekretär und Vizepräsident des Internationalen Sachsenhausen-Komitees (ISK). Wer sich weigere, wissenschaftlich belegte Tatsachen zu den sowjetischen Speziallagern anzuerkennen (dort waren nicht viele Nazis und Kriegsverbrecher interniert), wer die Opfer des Faschismus beleidige und Kontakte ins rechte Spektrum nicht scheue, könne und dürfe nicht auf diese Weise geehrt werden.
»Unabhängig von der Person Gisela Gneist und ihrer mehr als problematischen Rolle als Vorsitzende des Speziallager-Opferverbandes«, so de Boef und Meyer, »vertritt das ISK nach wie vor die Auffassung, dass auf dem authentischen Gelände eines ehemaligen KZ-Außenkommandos keine Straße nach einem Speziallagerhäftling benannt werden darf, um auch im Straßenbild keine geschichtsklitternde Verschmelzung beider historischer Perioden zuzulassen«. Die im Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte dargelegten Fakten sprechen nach Ansicht von de Boef und Meyer für sich. Jetzt müsste das Stadtparlament seine Entscheidung korrigieren.
Die Linke und die Grünen sind dafür. Doch andere wie der Stadtverordnete Michael Ney (CDU) sehen das völlig anders. »Erst einmal steht da überhaupt nichts Neues drin«, sagt Ney über das Gutachten. Außerdem werde einseitig über eine Frau geurteilt, die sich nicht mehr wehren könne. Wenn Gneists Vater schon vor 1933 in die NSDAP eintrat, so spreche dies nicht gegen seine Tochter. »Eine Sippenhaft gibt es nicht.« Dass Gneist ab 1940 dem Bund Deutscher Mädel (BDM) angehörte, spreche auch nicht gegen sie, da dies für Mädchen ab 1936 Pflicht gewesen sei. Er habe Gisela Gneist 15 Jahre lang gekannt und könne die Hand für sie ins Feuer legen, versichert Ney. Sie sei durch ihre Leiden 1946 bis 1950 im Speziallager und vorher in den Fängen des sowjetischen Geheimdienstes »traumatisiert« und »verbittert« gewesen. Da müsse man ihr die eine oder andere unglückliche Formulierung verzeihen. Die demokratische Entscheidung, die das Stadtparlament nach gründlicher Prüfung mit großer Mehrheit getroffen habe, müsse von der anderen Seite nun endlich akzeptiert werden.
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