Rechte setzt auf Valérie Pécresse

In Frankreich schicken die Republikaner erstmals eine Frau in die Präsidentschaftswahl im Frühjahr

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 4 Min.

»Die republikanische Rechte ist wieder da«, war die erste Botschaft von Valérie Pécresse an die Franzosen, nachdem sie am Sonnabend die Vorwahl um die Präsidentschaftskandidatur der rechtsbürgerlichen Partei der Republikaner (LR) für sich entschieden hatte. Die Ratspräsidentin der Pariser Region Ile-de-France und frühere Hochschul-Ministerin ist die erste Frau, mit der die republikanische Rechte das Elysée zu erobern versucht. Das haben die Parteimitglieder Ende vergangener Woche im Internet per Mausklick entschieden.

Zwar hat der amtierende Präsident Emmanuel Macron noch nicht erklärt, dass er für eine zweite Amtszeit kandidiert, doch ist daran nicht zu zweifeln. Ihn ernsthaft herauszufordern, ist für die rechtsbürgerlichen Republikaner kein leichtes Vorhaben, zumal sie nach der Wahlniederlage 2017 regelrecht zerschmettert und demoralisiert waren. Um sich von diesem Desaster zu distanzieren, ist Valérie Pécresse seinerzeit wie andere prominente LR-Politiker demonstrativ aus der Partei ausgetreten. Um jetzt an der Vorwahl teilnehmen zu können, musste sie extra wieder eintreten, ebenso wie ihr Mitbewerber Xavier Bertrand, der Ratspräsident der nordfranzösischen Region Hauts-de-France. Um die Präsidentschaftskandidatur für die Partei der Republikaner bewarben sich ferner der ehemalige EU-Kommissar und Brexit-Verhandlungsführer Michel Barnier, der Medizinprofessor und ehemalige Militärarzt in Afghanistan Philippe Juvin sowie Eric Ciotti, LR-Parlamentsabgeordneter und sicherheitspolitischer Sprecher der Partei. Diese fünf wurden für die Vorwahl nicht nominiert, sondern haben sich alle selbst ins Spiel gebracht und dann die nötigen 250 »Patenschaften« von gewählten Amtsträgern der LR eingeholt.

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Um bei der Internetwahl, die etwas hochtrabend Virtueller Parteitag genannt wurde, nicht nur Parteimitgliedern, sondern auch Anhängern der Republikaner eine Chance zur Mitentscheidung zu geben, konnten diese bis zum 16. November schnell noch der Partei beitreten. Trotz der dabei fälligen Aufnahmegebühr von 30 Euro machten viele davon Gebrauch, so dass die Zahl der LR-Mitglieder um 88 Prozent von 79 181 auf 148 862 hochschnellte. Durch diese unkalkulierbare Veränderung der Wählerschaft war das zu erwartende Abstimmungsergebnis völlig offen. Bei der ersten Abstimmungsrunde, in der zwischen Mittwochfrüh und Donnerstagabend der vergangenen Woche votiert werden konnte, wurden drei der fünf Anwärter eliminiert. Für die Stichwahl am Freitag und Sonnabend blieben Eric Ciotti, der mit 25,6 Prozent der Stimmen der Bestplatzierte der ersten Runde war, und Valérie Pécresse, die 25,0 Prozent erhalten hatte, im Rennen. Sie sei die einzige, erklärte Pécresse danach unbescheiden, »die gegen Emmanuel Macron gewinnen kann.« Das Duell fiel dann mit 60,95 Prozent für Pécresse und 39,05 Prozent für Ciotti eindeutig aus. Zu diesem Ergebnis trug sicher auch bei, dass Barnier, Bertrand und Juvin vor dem zweiten Wahlgang aufgerufen hatten, für Pécresse zu stimmen.

Im Vorfeld dieser parteiinternen Wahl gab es zwischen dem 8. und dem 29. November vier Fernsehdebatten der fünf Kandidaturanwärter, bei denen sich nicht nur die jetzt bei der Vorwahl stimmberechtigten LR-Parteimitglieder, sondern auch alle an der Präsidentschaftswahl 2022 interessierten Franzosen ihr Bild machen konnten. Auffallend war dabei, dass alle vier Debatten weitgehend durch die Themen Einwanderung und Sicherheit bestimmt wurden, zu denen die Fünf einander an Schärfe zu überbieten suchten. Zum Thema Wirtschaft vertraten Pécresse und Ciotti am deutlichsten neoliberale Positionen. In diesem Zusammenhang erinnert man sich daran, dass Pécresse in einem Interview auf die Frage nach ihren Vorbildern erklärt hat, sie sei »zu einem Drittel Merkel und zu zwei Dritteln Thatcher«.

Pécresse will die Kaufkraft der sozial Schwächsten und der Mittelschichten verbessern, indem die Sozialabgaben reduziert werden. Um die dafür nötigen 20 Milliarden Euro zu beschaffen, will sie 200 000 »entbehrliche« Posten im öffentlichen Dienst streichen, dafür aber nur 50 000 neue in den Bereichen Sicherheit, Bildung und Gesundheit schaffen. Außerdem will sie das gesetzliche Renteneintrittsalter wieder auf 65 Jahre hochsetzen, nachdem es 1981 unter Präsident Mitterrand auf 60 Jahre gesenkt und 2011 unter Sarkozy auf 62 Jahre angehoben wurde.

In einer ersten Erklärung nach der Bekanntgabe des Vorwahlergebnisses erklärte die frisch gekürte Präsidentschaftskandidatin voller Siegeszuversicht: »Wir werden Frankreichs Stolz wiederherstellen, seine Interessen verteidigen und unserem Land einen Platz in der ersten Reihe der Nationen sichern.« Sie wolle »für Ordnung und Sicherheit sorgen« und teile »die Besorgnis vieler Franzosen angesichts des wachsenden islamistischen Separatismus«, der »unkontrollierten Einwanderung« und des »wirtschaftlichen Abstiegs als Folge hemmungsloser Globalisierung«. Um all das zu ändern, sei es nötig und möglich, »den Präsidenten abzulösen«. Frankreich sei »eine Herausforderung« und die republikanische Rechte sei entschlossen, dem Land »seine Einheit und seine Würde zurückzugeben«.

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