Jamlitz soll eine richtige KZ-Gedenkstätte erhalten

Das bisher fast ausschließlich ehrenamtliche Engagement ist auf die Dauer keine Lösung, hat die Politik erkannt

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

In Jamlitz (Dahme-Spreewald) befand sich ein Außenlager des KZ Sachsenhausen. 95 Prozent der Häftlinge waren Juden. Von 10 000 Insassen haben nur 400 den Zweiten Weltkrieg überlebt. Am authentischen Ort befindet sich heute eine Freiluftausstellung, im nahen Lieberose ein Mahnmal. Um das Gedenken kümmern sich ehrenamtlich der Lehrer Peter Kotzan, der ist bereits Mitte 80, und der Historiker Andreas Weigelt, der bald 60 wird. »Es muss eine Lösung gefunden werden«, sagt Weigelt am Mittwoch dem Kulturausschuss des brandenburgischen Landtags, zu dem er zugeschaltet wird. Auch Peter Kotzan sollte dazukommen, war jedoch aus gesundheitlichen Gründen verhindert.

Das zeigt, dass es langfristig mit fast ausschließlich freiwilligem Engagement nicht mehr weitergeht. So sieht es auch Kulturministerin Manja Schüle (SPD). »Kein Außenlager ist so gut erforscht wie Jamlitz und das hat auch mit Dr. Weigelt zu tun«, lobt Schüle den freiberuflichen Historiker. Aber auf die Dauer sei das keine Lösung. Sie werde sich beim Bund um Mittel bemühen, kündigt Schüle an. Doch auch das Land Brandenburg müsste ihrer Ansicht nach seinen Teil beisteuern. Die Landtagsabgeordneten bittet sie, dies zu beschließen. Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, die bislang einzelne Veranstaltungen in Jamlitz unterstützt, soll die Gedenkorte übernehmen und zur Gedenkstätte ausgestalten.

Stiftungsdirektor Axel Drecoll erläutert dem Kulturausschuss, welche Maßnahmen ihm vorschweben und in welchem Zeitrahmen das machbar wäre: Zunächst gibt es Geld aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR. Jedes Jahr werden da Mittel ausgeschüttet und Jamlitz bekommt etwas ab, um 2022 ein Bestandsgebäude auf dem historischen Lagergelände zu sanieren und dort auf 120 Quadratmetern Büros, ein Archiv und eine Bibliothek unterzubringen. Auch könnte ein Grundstück dazugekauft werden. Für die Zeit ab 2023 wünscht sich Drecoll zwei Personalstellen: Eine für die weitere wissenschaftliche Aufarbeitung der Lagergeschichte. Zum Beispiel über die von ungarischen Juden geleistete Zwangsarbeit wisse man noch wenig. Es seien noch einige solcher Forschungslücken zu schließen. Und eine zweite Stelle für einen Pädagogen. Für Bildungsarbeit wäre allerdings Platz erforderlich. Ein 140 Quadratmeter großer Pavillon mit Seminarraum und Garderobe wäre denkbar, werde gebraucht und könnte 2024 gebaut werden. 2025 könnte die Gedenkstätte in den Regelbetrieb gehen. Wünschenswert wären dann zusätzlich zu den ersten zwei Personalstellen noch eine Sekretärin und ein Hausmeister.

Für »unbedingt unterstützenswert« hält die Stasi-Landesbeauftragte Maria Nooke das Projekt. Zwei Stellen erscheinen ihr noch knapp bemessen. Schließlich sei Jamlitz »ein wichtiger historischer Ort für die Geschichte Brandenburgs«. Nookes Behörde unterstützte in der Vergangenheit in bescheidenem Umfang Forschungen zu Jamlitz, die sich auf das spätere sowjetische Speziallager beziehen. Zu diesem Lager gibt es auch eine Freiluftausstellung - sie befindet sich zwei Kilometer von Jamlitz entfernt im Wald, bereits in der Gemarkung der Gemeinde Schenkendöbern. »Natürlich ist es zuerst ein Ort der Shoah. Das ist völlig klar«, unterstreicht Nooke mit Blick auf die Ermordung jüdischer Häftlinge des KZ-Außenlagers, das sich in Jamlitz befand, aber vom nächstgelegenen Bahnhof den Namen Lieberose erhielt. Doch auch der »zweite Teil der Verfolgungsgeschichte«, das sowjetische Speziallager, sollte »angemessen berücksichtigt werden«.

In dem sowjetischen Speziallager waren nach dem Zweiten Weltkrieg 10 000 deutsche Zivilisten interniert, von denen jeder dritte nicht überlebte.

SPD, CDU und Linke signalisieren am Mittwoch sofort die Bereitschaft, der Stiftung bei der Umsetzung der vorgestellten Pläne unter die Arme zu greifen. Ihre Fraktion werde das »auf jeden Fall« unterstützen, versichert auch die Abgeordnete Sahra Damus (Grüne). Daran, zwei Stellen zu finanzieren, führe auch gar kein Weg vorbei. Denn sonst müsste die Stiftung die Mitarbeiter woanders abziehen, was ja nicht angehe. Eine Baustelle bleibe die Anbindung des Geländes an den öffentlichen Personennahverkehr, meint Damus. Es gibt zwar den alten Bahnhof, bisher provisorisch genutzt auch für Gedenkveranstaltungen und Bildungsarbeit. Doch dort halten keine Züge mehr.

Für das ehrenamtliche Engagement könne man gar nicht genug danken, findet die Abgeordnete Isabelle Vandré (Linke). Da sie dies Peter Kotzan hier nicht persönlich sagen kann, regt sie an, dem Rentner einen Brief zu schreiben.

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