BVG ist auf dem Hanftrip

Verkehrsbetriebe versprechen »richtig gutes Zeug«

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

»Richtig gutes Zeug« versprechen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) bei ihrem neuesten Marketinggag. Es ist das Hanfticket, eine auf Esspapier gedruckte Tageskarte, die mit Hanföl beträufelt wurde. Seit Montag und noch bis Freitag ist das ungewöhnliche Ticket zum regulären Preis von 8,80 Euro in den BVG-Kundenzentren erhältlich. Allerdings nicht in Spandau, wie es heißt.

Das hat aber nichts mit einer anderen Drogenpolitik in dem besonders eigenen Bezirk im Berliner Westen zu tun. Die BVG weist explizit darauf hin, dass in den Tickets weder der berauschende Wirkstoff THC aus dem Hanf noch das in letzter Zeit als wahres Wundermittel angepriesene CBD enthalten ist. »Dem aus den Samen der Cannabispflanze gewonnenen Hanföl wird eine beruhigende Wirkung nachgesagt«, erklärt das Unternehmen. Letztlich ist es ein nussig schmeckendes Speiseöl wie viele andere. Es handele sich um ein »komplett legales« Angebot, lässt die BVG wissen.

Die Handhabung der Aktionsfahrkarte unterscheidet sich dabei etwas von der gewöhnlichen Papierversion. Es ist nur gültig, solange es sich im ungeöffneten Kunststoffbeutel befindet. Der Gültigkeitszeitraum ist bereits aufgedruckt, gestempelt werden muss es also nicht mehr. »Und nicht vergessen: das Ticket erst nach der letzten Fahrt des Tages essen, sonst gibt’s ausnahmsweise auch mal von uns Stress«, schreibt die BVG in der Bedienungsanleitung.

Beim Berliner Fahrgastverband IGEB ist man eher so mäßig begeistert von dem Werbegag. »Die miserable Fahrgastinformation der BVG ist nur noch mit Beruhigungsmitteln zu ertragen«, kommentiert dessen Sprecher Jens Wieseke gegenüber »nd«. Denn es fehlt das Personal in den Leitstellen, um bei Betriebsabweichungen die automatisch generierten Informationen zu korrigieren. Und so geben die elektronischen Displays und Online-Fahrplanauskünfte bei Störungen meist Auskünfte, die mit der Realität wenig zu tun haben.

»Andere Verkehrsunternehmen und die Verwaltung zeigten sich überrascht bis verärgert über die kurzfristig angekündigte Aktion der BVG«, berichtet Wieseke von seinen Gesprächen. So ist beispielsweise fraglich, ob Fahrkartenkontrolleure anderer Unternehmen von dem nur bei S-Bahn und BVG gültigen Sonderticket und seiner Handhabung wissen.

Der Fahrgastlobbyist würde sich auch mehr Elan bei der Eindämmung des schwunghaften Drogenhandels auf manchen U-Bahn-Linien wünschen. »Wenn ich morgens meinen Bahnhof an der U8 betrete, habe ich den Eindruck, mich auf eine Zeitreise zu Christiane F. und den Kindern vom Bahnhof Zoo zu begeben.«

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