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Die sturen Kumpel
Seit neun Monaten streiken die Mitarbeiter der Kohleminen von Warrior Met in Alabama
Seit neun Monaten gibt es sie nun schon, die wöchentliche Streikkundgebung in Brookwood. Jeden Mittwoch halten die United Mine Workers of America (UMWA) ihre Versammlung ab. Seit Beginn des Streiks ist viel passiert, es gab Auseinandersetzungen vor Gericht, das Patt zwischen den Streikenden und der Minenfirma Warrior Met Coal hat in den vergangenen Monaten seine Spuren im Gesicht der Arbeiter hinterlassen. Es ist der längste Streik in den USA in diesem Jahr. Der Arbeitskampf der über 1000 Kumpel begann im April, da waren die Tarifverhandlungen gescheitert.
2016 hatte die UMWA bei den vergangenen Tarifverhandlungen niedrigeren Gehältern und weniger Leistungen zugestimmt, aus Angst vor einer Schließung der Mine. Diese war gerade von ihren bankrotten ehemaligen Eigentümern von Walter Energy an die neu geschaffene Gesellschaft Warrior Met Coal verkauft worden. »Die Gewerkschaft hat den schlechtesten Deal in der Geschichte der Tarifverträge akzeptiert, um die Mine vor dem Bankrott zu retten«, sagt Minenarbeiter William Decker. Bei den Tarifverhandlungen dieses Jahr hatten die Arbeiter genug.
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»Als es an der Zeit war, mehr Geld auf den Tisch zu legen, haben sie versucht sogar noch mehr zu Profit zu machen, in dem der Stundenlohn gesenkt wird«, erklärt Decker den Verlauf der diesjährigen Tarifverhandlungen. Fünf Jahre Lohnverzicht - von fast 30 Dollar Stundenlohn runter auf 23 Dollar - waren zu viel für viele Beschäftigte. Die Minenarbeiter beklagen sich außerdem über Sechs-Tage-Wochen, darüber, dass sie kaum ihre Familie sehen, schlechtes Management und nur wenig Urlaub. Dass die Gewerkschaft den Streik aufrechterhalten kann und dass sie in Brookwood überhaupt präsent ist, ist eine Ausnahme im Süden der USA. Doch die Minen sind eine der wenigen Industrien in der Region, wo es die Gewerkschaften (noch) gibt. In den Aufbruchsjahren der Gewerkschaftsbewegung im Land zu Beginn des 20. Jahrhunderts schaffte sie es, in einigen Orten Fuß zu fassen - auch wenn die Mitgliederzahlen nicht mehr so hoch sind wie einst.
Es ist nicht unbemerkt geblieben, dass die UMWA einen langen Streik durchhält. Gewerkschaftsvertreter aus dem ganzen Land, von den United Steelworkers bis zu den Lehrergewerkschaftern von der American Federation of Teachers haben auf der wöchentlichen Streikkundgebung gesprochen. Auf der mischt sich Südstaaten-Tradition mit Gewerkschaftskultur. Vor und nach Ankündigungen wird gebetet, auch Gewerkschaftspräsident Cecil Edward Roberts redet wie ein Prediger, schreitet durch die Menge, wenn er spricht. In der stehen ganze Familien, die in dem Grün der Gewerkschaft angezogen sind. Empörung ist spürbar.
Warrior Met Coal hat gute Geschäfte gemacht in den vergangenen Jahren, trotz der Tatsache, dass die Kohleminen im Niedergang sind. Es gibt mehrere Gründe dafür: Zum einen schürft die Firma metallurgische Kohle, die etwa für die Stahlproduktion genutzt wird. Noch immer gibt es einen hohen Bedarf an der hochwertigen metallurgischen Kohle, besonders im globalen Süden.
Ein weiterer Grund ist der Handelskrieg zwischen Australien und China seit 2020. Dieser hat die Nachfrage nach US-amerikanischer Kohle steigen lassen. Der internationale Handelskonflikt hat große Auswirkungen für Minenarbeiter im kleinen Brookwood. Denn er bedeutet, dass Warrior Met Coal nicht nur überleben, sondern auch Profite erwirtschaften konnte. Für das obere Management des Konzerns gab es deswegen einen Bonus, die Minenarbeiter wurden nicht beteiligt.
»Wir haben auf Gehalt verzichtet, weil sie gesagt haben, sie seien pleite. Dann haben sie Millionen von Dollar auf unserem Rücken gemacht und wollen nicht noch mal mit uns verhandeln«, kritisiert Minenarbeiter Chris Burke auf der Kundgebung. Beide sagen die Gier des Managements sei ein Faktor beim Streik. In der Vergangenheit hat die Gewerkschaft schlechte Tarifverträge akzeptiert, offenbar in Antizipierung eines Niedergangs des Kohlemarkts. Doch da es nun anders aussieht, wollen die Streikenden nun in eine bessere Position kommen, damit sie am Verhandlungstisch überhaupt bessere Karten haben, sollte sich die Situation der Mine wieder verschlechtern.
Doch auch Warrior Met ist derzeit nicht gewillt, sich zu bewegen. Die bisher letzte öffentliche Äußerung von Warrior Met zum Streik stammt von Ende März. Doch im Geschäftsbericht an die Investoren vom August gibt die Firma zu, dass die streikenden Minenarbeiter eine Delle in den Zahlen des Konzerns verursacht haben. Laut dem jüngsten Warrior-Met-Quartalsbericht hat der Streik den Konzern bisher rund 6,9 Millionen Dollar gekostet. Weitere 9,3 Millionen Dollar Kosten fielen an, weil Minen nicht ausgebeutet werden. Im dritten Quartal 2021 meldete die Firma Gewinne vor Steuern in Höhe von 38,4 Millionen Dollar.
Wie auch bei anderen langen Streiks gab es Auseinandersetzungen vor Gericht. Auch andere Vorkommnisse zeigen das angespannte Verhältnis zwischen Gewerkschaft und Unternehmen. Es gab mehrere Ingewahrsamnahmen von Streikposten, denen Hausfriedensbruch vorgeworfen wurde, zuletzt versuchte die Gewerkschaft vor Gericht zu erreichen, das Streikbrecher in der Nähe der Streikposten keine Waffen tragen dürfen.
Das Management kalkuliert offenbar, dass die Arbeiter vorher aufgeben müssen, denn lange Streiks sind auch deswegen so selten in den USA, weil sie viele Ressourcen erfordern. 700 Dollar Streikgeld erhalten die Arbeiter pro Woche aus dem Streikfonds der Gewerkschaft, zusätzlich kommen 200 von einem Spendenfonds, an den Gewerkschaften und Menschen aus den USA spendeten. Außerdem gibt es für die Streikenden auf der wöchentlichen Kundgebung Papiertüten mit Lebensmitteln und Proviant. Sie werden jeden Mittwoch ausgegeben, solange wie es nötig ist. Auf die Frage, wie die Arbeiter und ihre Familien den Streik so lange durchgehalten haben, sagt Decker nur: »Wir sind ziemlich stur.« Dann fügt er noch hinzu, dass es der längste Streik in der Geschichte der Mine ist - und dass kein Ende in Sicht ist.
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