- Berlin
- Kinderimpfungen in Berlin
Coole Dinos, schmerzhafter Piks
Im Naturkundemuseum können sich Kinder in der Ausstellung umschauen, bevor sie geimpft werden
Großes Brimborium im Naturkundemuseum: Während im einen Raum die wohl künftige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), Noch-Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) und die neue Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) unter Blitzlichtgewitter den Start der Impfungen für Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren in Berlin zelebrieren, warten im Raum nebenan die Kinder schon seit bis zu zwei Stunden auf den Piks. Anscheinend waren die Corona-Impfdosen zu spät im Museum angekommen.
Familie Schöne hat sich schon um 11.30 Uhr vor dem Museumsbau in Mitte eingefunden, um zwölf sollen Johann, Elsa und Greta die allerersten Spritzen in der frisch eröffneten Impfstelle erhalten. Danach wollten sei eigentlich den freien Eintritt nutzen, um sich die Ausstellung anzuschauen. »Wir haben uns gezielt den Termin im Museum gebucht«, sagt Elke Schöne, Mutter von Johann und Greta und Tante von Elsa, zu »nd«, als die Familie gegen 15 Uhr nach den Impfungen das Gebäude verlässt.
»Wir mussten sehr lange warten, weil der Impfstoff noch nicht da war. Aber wir konnten uns währenddessen die Ausstellung anschauen, das war toll für die Kinder«, so Elke Schöne. »Die Dinos sind cool«, sagt die zehnjährige Greta. »Da waren ausgestopfte Tiere und Papageien«, ergänzt Elsa, acht Jahre alt. »Und Fische in Gläsern!«, sagt Johann. Mit sechs Jahren ist er das jüngste der drei Kinder. Von der Impfung ist er weniger begeistert: »Das hat total doll wehgetan.« Die beiden anderen fanden es nicht so schlimm wie Johann. Elke Schöne erzählt, sie habe viele Kinder bei sich zu Hause wohnen, deshalb sollen alle schnell geimpft werden. »Das haben wir ausführlich mit unserem Kinderarzt besprochen.«
»Ich begrüße ausdrücklich, dass die Ständige Impfkommission die Impfungen für Kinder ermöglicht hat«, sagt Gesundheitssenatorin Kalayci am Mittwoch. Sie schließe sich Bundesfamilienministerin Spiegel an, die betont, dass der Impfstoff sicher sei. Franziska Giffey möchte noch mehr solcher Impfaktionen wie die im Museum organisieren. »Wir wollen es kindgerecht gestalten, dass für die Kinder auch immer ein schönes Erlebnis damit verbunden ist«, sagt Giffey bei ihrem Besuch im Naturkundemuseum.
Das Erste, was die elfjährige Lisanne und ihre Mutter Christina Mernillod über ihr Impferlebnis berichten, als sie aus dem Museum kommen: die lange Wartezeit und der prominente Besuch. »Die sind ganz nah an uns vorbeigelaufen, und alle wirkten gestresst«, sagt Lisanne zu »nd«. Nur Franziska Giffey habe Spaß an dem Besuch gehabt, ergänzt sie. »Die Mitarbeitenden waren etwas verärgert, weil sie anscheinend nichts von dem Pressetermin wussten«, sagt Christina Mernillod. Abgesehen davon sei alles »wie eine ganz normale Impfung« abgelaufen, sagt Lisanne: »Ich durfte mir aussuchen, an welcher Stelle ich geimpft werden möchte, dann wurde die Stelle desinfiziert und dann gespritzt.«
Mutter und Tochter Mernillod sind am Mittwoch nicht für die Ausstellung ins Naturkundemuseum gekommen. »Wir sind nur für die Impfung hier«, sagen sie. »Ich habe Großeltern in anderen Ländern, da finde ich es schon sicherer, geimpft zu sein«, sagt Lisanne. Außerdem mache es die Teilhabe am sozialen Leben auch für Kinder einfacher, so Christina Mernillod.
Die Impfstelle an der Invalidenstraße wird vom Arbeiter-Samariter-Bund in Zusammenarbeit mit der Senatsgesundheitsverwaltung und dem Naturkundemuseum betrieben, sagt Moritz Quiske, Sprecher von Gesundheitssenatorin Kalayci, zu »nd«. Aktuell würden dort von 12 bis 18 Uhr etwa 55 Kinder am Tag geimpft werden; am Wochenende seien 70 Kinderimpfungen am Tag geplant, dann werde die Impfaktion im Museum vorerst beendet. »In drei Wochen finden dann hier noch die Zweitimpfungen statt für alle Kinder, die hier auch ihre Erstimpfung bekommen haben«, so Quiske.
Zusätzlich wurden ebenfalls am Mittwochmittag die Impfstraßen für Kinder in den Impfzentren Tegel, Messe und ICC eröffnet. »Insgesamt können dort rund 850 Kinder am Tag geimpft werden. Diese Kapazitäten werden wir auf 1500 Impfungen erhöhen«, sagt Quiske. Im Wesentlichen soll das Impfen aber in den Arztpraxen stattfinden. »70 bis 75 Prozent aller Impfungen werden von den niedergelassenen Ärzt*innen durchgeführt - so soll es auch bei den Kindern und Jugendlichen sein.«
In Brandenburg ist derweil der Andrang auf die Impftermine für Kinder in den Arztpraxen groß, wie die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag meldet. 140 Arztpraxen würden sich perspektivisch an den Impfungen beteiligen, in dieser Woche starteten vorerst acht, heißt es. Christian Wehry, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg, bestätigte, dass die Nachfrage nach den Kinderimpfungen »riesig« sei - und die Termine »häufig schon bis weit in den Januar hinein« vergeben.
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