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Sicherheit für wenige
Ulrike Wagener über Baerbocks Statement zu Afghanistan
Auch in Zukunft werden viele Menschen unter der Herrschaft der Taliban leiden müssen. Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) kündigte am Donnerstag an, im Rahmen eines Aktionsplans der Bundesregierung die gezielte Ausreise für besonders schutzbedürftige Personen aus Afghanistan zu beschleunigen, bürokratische Hürden abzubauen und den Familiennachzug zu erleichtern. Denn aktuell warten 15.000 Menschen auf eine Evakuierung, denen diese bereits zugesichert wurde – und bangen um ihr Leben. Außerdem warteten Tausende Afghan*innen auf Visa im Rahmen des Familiennachzugs.
Was Baerbock in Aussicht stellt, klingt erst einmal gut: unbürokratische Einreisen mit Visa, die gegebenenfalls in Botschaften von Transitländern oder sogar erst beim Eintreffen in Deutschland ausgegeben werden sollen. Eine breite Auslegung der Kernfamilie, angepasst an die afghanische Realität. Offen bleibt, wie dies in der Praxis umgesetzt werden soll. Das liegt an den Behörden. Und die sind vielerorts schlecht besetzt. Schon jetzt klagen Menschen über komplizierte Verfahrenswege und darüber, dass sie teils jahrelang auf die Ausstellung eines Aufenthaltstitels warten müssen. Dass die bürokratiehassende FDP nun in der Regierung ist, wird an der personellen Ausstattung der Behörden kaum über Nacht etwas ändern.
Die Mahner am Auswärtigen Amt. Abu und Ahmad Toran stehen seit Monaten vor dem Ministerium und fordern die Evakuierung der verbliebenen Ortskräfte in Afghanistan
»Wir haben die Verantwortung, diese Menschen nicht im Stich zu lassen«, das betonte Baerbock mehrmals. Insbesondere für Frauen und Mädchen zähle jeder Tag. Gleichzeitig stellte sie klar, dass es in erster Linie um die Evakuierung der 15.000 Menschen auf der Liste der Bundesregierung gehe – und um humanitäre Hilfe vor Ort. Das Wort »Asyl« fällt nicht ein einziges Mal. Evakuiert werden diejenigen, die sich aktiv zu Feind*innen der Taliban gemacht haben. Doch in Afghanistan leben fast 20 Millionen Frauen und Mädchen. Die Mehrheit wird auch in Zukunft unter dem Regime der Taliban leben müssen – und damit in Lebensgefahr.
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