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Krankenhäuser sollten keine Privatsache sein
Linksfraktion will die richtigen Schlussfolgerungen aus der Coronakrise ziehen, findet aber bei SPD und CDU kein Gehör
Zu den politischen »Kernthemen für das neue Jahr 2022« zählt Brandenburgs Linksfraktionschef Sebastian Walter den Umgang der Landespolitik mit den 53 Krankenhäusern im Bundesland. Ihm zufolge ist eine Lehre aus der Coronazeit, dass privatisierte Kliniken wieder zurückgekauft werden. Dies wäre eine Voraussetzung dafür, dass das neue Jahr zum »Jahr des Aufbruchs« erklärt werden könne.
Zweifellos werde es mehrere Hundert Millionen Euro kosten, zumindest einen Teil der in der Vergangenheit privatisierten Kliniken wieder in die öffentliche Hand zu überführen, bestätigte Walter am Dienstag. Auf Dauer sei dies aber finanzierbar, weil dann der Gewinn aus Krankenhäusern nicht mehr in die Taschen von Privatanlegern fließen würde, sondern auch für Investitionen und bessere Gehälter der Beschäftigten zur Verfügung stehen würde. Deutschlandweit sind laut Walter allein im vergangenen Jahr aus Krankenhäusern 20 Milliarden Euro an börsennotierte Unternehmen geflossen. »Das ist für uns unverständlich, um nicht zu sagen eine Katastrophe«, sagte der Linksfraktionschef. Er warb für den Zusammenschluss aller kommunalen Krankenhäuser in einer Landes-Krankenhausgesellschaft.
Vor zwei Jahren hatte die Linke-Landesvorsitzende Anja Mayer mit den Landtagsabgeordneten Ronny Kretschmer und Andreas Büttner ein 15-seitiges Papier vorgestellt, in dem sie die damalige Coronalage analysierten und Forderungen aufmachten. So sollten Kliniken rekommunalisiert werden, eventuell mit Hilfe einer noch zu schaffenden Landeskrankenhausgesellschaft, die Anteile an den Kliniken erwirbt. Der Zuschuss des Landes zu Investitionen in die Krankenhäuser sollte ihren Vorstellungen zufolge von damals 110 Millionen Euro im Jahr auf mindestens 180 Millionen Euro erhöht werden.
Früher gab es auch landeseigene Krankenhäuser - nämlich die psychiatrischen Fachkliniken in Brandenburg/Havel, Teupitz und Lübben. Brandenburg verkaufte sie 2006 an den Asklepios-Konzern, der seinem Personal dort bis heute weniger Lohn zahlt als den Kollegen in Hamburg. Deswegen gab es zuletzt eine lange Tarifauseinandersetzung mit Streiks, die zumindest zu einer gewissen Annäherung führte. Die letzte aufsehenerregende Privatisierung wurde im Dezember 2020 beschlossen. Mitten in der Pandemie entschied der Kreistag Oberspreewald-Lausitz mit 28 zu 20 Stimmen, dass die Sana Kliniken AG 51 Prozent der Anteile an der kommunalen Klinik Niederlausitz GmbH übernehmen soll. Nachdem das Klinikum 2018 und 2019 empfindliche Verluste zu verkraften hatte, befand es sich im Januar 2020 nahe an der Insolvenz, erlebte aber bis Jahresende eine erhebliche Verbesserung seiner Situation. Warum es nun noch verkauft werden sollte, konnte auch Die Linke nicht verstehen. Sie hatte dagegen demonstriert und im Kreistag auch dagegen gestimmt. Es hätte eine Alternative gegeben: Das ebenfalls kommunale Carl-Thiem-Klinikum Cottbus wollte beim Klinikum Niederlausitz einsteigen. Doch diese Variante kam nicht zum Zuge.
Deutliche Lohnunterschiede beim Krankenhauspersonal bestehen nicht allein im Vergleich zu den Verdienstmöglichkeiten in Westdeutschland, sondern auch innerhalb Brandenburgs, fuhr Walter fort. So erhalten Krankenhausbeschäftigte in Prenzlau monatlich mehrere Hundert Euro mehr als ihre Kollegen in Eberswalde. Tendenziell seien große Kliniken in Städten eher gewinnbringend als kleinere Krankenhäuser im ländlichen Raum. »Aber wir benötigen auch alle, um die Versorgungssicherheit zu erhalten«, so Walter. Von einer »Scheindebatte« sprach CDU-Fraktionschef Jan Redmann. Deutschland verfüge im europäischen oder auch weltweiten Vergleich über eines der leistungsfähigsten Gesundheitssysteme. »Wir brauchen uns nicht zu verstecken, wenn es auch Verbesserungsbedarf gibt.« Ob es einem Krankenhaus gut oder schlechter gehe, ob es effektiver oder weniger effektiv arbeite, ob es einen guten oder einen eher zweifelhaften Ruf genieße, hänge nicht damit zusammen, wer der Eigentümer sei, sondern mit »ganz anderen inneren Gründen«. Aber bei der Berechnung der Vergütung sehe auch er Handlungsbedarf auf Bundesebene, sagte Redmann.
Als einen »Reflex bei den Linken« bezeichnete SPD-Fraktionschef Daniel Keller den Vorstoß von Sebastian Walter. Er verwies auf die auf 130 Millionen Euro gesteigerte Investitionszulage des Landes Brandenburg für die Krankenhäuser. Das werde als Kofinanzierung zu den Bundesmitteln aufgebracht und »kommt an«. Die Linksfraktion habe keine Antwort auf die Frage, was man eigentlich unternehmen solle, wenn sich private Kliniken gegen eine Vergesellschaftung sträuben würden. Eine Reformierung des Abrechnungssystems hin zu einer auskömmlichen Finanzierung stehe allerdings auf der Tagesordnung.
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