Zwangsurlaub für Polizei-Vierbeiner beendet

Innensenatorin will Berliner Schutzhunde trotz neuer Tierschutz-Hundeverordnung weiter im Dienst behalten

  • Mischa Pfisterer
  • Lesedauer: 3 Min.

»Natürlich ist es möglich, auch Schutzhunde ohne Stachelhalsbänder und tierrechtskonform auszubilden«, sagt Xenia Katzurke vom Tierschutzverein für Berlin zu »nd«. Die Verhaltenstherapeutin für Hunde ist verwundert, habe man doch zuvor die Gelegenheit verpasst, die Schutzhundeausbildung bei der Berliner Polizei auf den Prüfstand zu stellen und »aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen anzupassen«.

Tagelang gab es in der vergangenen Woche ein Hin und Her um den Einsatz der sogenannten Schutzhunde der Berliner Polizei. Zunächst sah es dabei so aus, als würden die Tiere mit sofortiger Wirkung in den Zwangsurlaub geschickt. Schließlich heißt es in der zum 1. Januar geänderten Tierschutz-Hundeverordnung: »Es ist verboten, bei der Ausbildung, bei der Erziehung oder beim Training von Hunden Stachelhalsbänder oder andere für die Hunde schmerzhafte Mittel zu verwenden.« Und das betrifft in Berlin eben die Schutzhunde der Polizei, das sind 49 der 130 Polizeihunde. Diese Hunde werden mit Halsbändern ausgebildet und geführt, die ihnen kurzzeitig die Luft abschnüren können. So sollen Angriffe des Hundes schnell beendet werden, etwa wenn ein Hund einen Verdächtigen beißt, um ihn festzuhalten.

»Wir müssen uns an die Verordnung halten«, hieß es zunächst bei der Polizei. Seit Donnerstag ist klar: Die Vierbeiner sollen wieder eingesetzt werden. Der vorher verhängte Zwangsurlaub für die Tiere wurde durch die Senatsinnenverwaltung beendet. Man interpretiert den Text nun einfach anders. Da die geänderte Verordnung »nur die Ausbildung, Erziehung und das Training« betreffe, »werden die 49 bereits ausgebildeten Schutzhunde des Landes umgehend wieder eingesetzt«, teilte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) vor wenigen Tagen mit. »Allerdings dürfen die Tiere vorläufig nicht mehr in jeder Hinsicht trainiert werden.«

Die Diensthundeausbildung dürfe nicht »mit Gewalt« erfolgen, sondern müsse »standardisiert durch regelmäßig geschultes, kompetentes Fachpersonal und unter tierschutzrechtlichen Kontrollmechanismen« stattfinden, fordert Xenia Katzurke.

Auch von der Tierrechtsorganisation Peta Deutschland kommt deutliche Kritik. »Hunde sind soziale Lebewesen und keine Waffen«, erklärt Jana Hoger, Fachreferentin für tierische Mitbewohner. »Statt bestehende Gesetze und Verordnungen nun aufzuweichen und dadurch Schlupflöcher für brutale Tierquälerei zu schaffen, sollten die Hunde in liebevolle Hände kommen und für immer von dieser grauenvollen Praxis befreit werden«. Die Tierschützer sind enttäuscht über das Vorgehen. »Hunde sind nicht dafür da, um gefährliche Polizeiarbeit zu leisten, abgerichtet, als Waffe oder Drohmittel missbraucht und auf Personen gehetzt zu werden«, heißt es von Peta.

Ganz andere Töne schlägt die Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP) an. Die Innensenatorin hatte der GdP noch vor ihrer Entscheidung in einem Gespräch Unterstützung zugesichert, wie Sprecher Benjamin Jendro mitteilte. Die Gewerkschaft stand ohnehin Kopf aufgrund des kurzzeitigen De-facto-Berufsverbots für die Hunde. »Wir brauchen sie und benötigen jetzt eine entsprechende Rechtsgrundlage«, sagte der Landesvize Stephan Kelm. Und weiter: »Ein Schutzhund ist kein Schoßhund und wir sollten auch nicht vergessen, dass Straftäter im Regelfall keine Rücksicht auf das Tierschutzgesetz und das Wohl der Tiere nehmen.«

Die GdP forderte in einem offenen Brief an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dann auch eine Ausnahmegenehmigung. Das Land Berlin will das unterstützen. Die Hundeverordnung dürfe keine Auslegungssache sein. Daher müsse man jetzt auch auf Bundesebene »dringend Klarheit schaffen«, so Iris Spranger. Eine von Niedersachsen vorgeschlagene Änderung der gerade erst veränderten Verordnung mit einer Ausnahmeregel soll im Bundesrat beraten werden.

Zwar versichert Spranger: »Als ehemalige Hundebesitzerin liegt mir das Wohl der Hunde am Herzen.« Xenia Katzurke hofft dennoch auf ein Umdenken. »Wenn man den Tierschutz nicht lebt, ist man schnell auch überfordert«, so die Veterinärmedizinerin.

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