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Erstes Ziel: Erster von links

Kür des Dresdner Oberbürgermeisters beginnt mit »Vorwahl« im progressiven Lager

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.

Jeder kämpft für sich allein: Diese Devise gilt für das Mitte-links-Lager zumindest in Runde eins der Oberbürgermeisterwahl in Dresden am 12. Juni. Anders als vor sieben Jahren, als man mit einer gemeinsamen Kandidatin in die prestigeträchtige Abstimmung in Sachsens Landeshauptstadt zog und im ersten Wahlgang sogar knapp vor dem heutigen Rathauschef Dirk Hilbert (FDP) lag, geht es diesmal zunächst darum, die Kräfteverhältnisse im linken Lager zu klären, bevor in Runde zwei am 10. Juli vermutlich eine Einigung auf eine Person erfolgt. Von »einer Art Vorwahl« spricht Jens Matthis, Chef der Linken in Dresden, in Anspielung auf das Verfahren bei den US-Präsidentenwahlen. Das Wahlziel lautet daher zunächst, Erster von links zu sein.

Um das zu schaffen, schickt die Linke André Schollbach ins Rennen, Rechtsanwalt und mit 15 Jahren Amtszeit der dienstälteste Chef einer Dresdner Ratsfraktion. Im Dezember hatte bereits der SPD-Stadtchef und Kriminalbeamte Albrecht Pallas seine Bewerbung öffentlich gemacht. Die Grünen schicken Eva Jähnigen ins Rennen, die derzeit das Umweltdezernat im Rathaus führt. Von diesen Bewerbern könne »prinzipiell jeder Oberbürgermeister werden«, sagt Schollbach. Er verweist auf eine politische Lage »voller Bewegung und Dynamik« und die Bundestagswahl: »Wer hätte vor einem Jahr den heutigen Kanzler vorhergesagt?«

2015 hatte eine gemeinsame Kandidatur nahegelegen. Im Jahr zuvor hatten Linke, Grüne, SPD und Piraten bei der Kommunalwahl die Mehrheit im Stadtrat errungen. Danach schlossen sie eine Kooperationsvereinbarung ab, die bis heute fortgeführt wird. Die neue Stärke sollte genutzt werden, um der CDU den letzten Chefposten in einer sächsischen Großstadt abzuknöpfen. Als Kandidatin wurde die SPD-Politikerin Eva-Maria Stange (SPD) gewonnen, die zu jener Zeit sächsische Wissenschaftsministerin war. In der ersten Runde lag sie sogar knapp vor Hilbert. Weil danach aber die CDU ihren enttäuschenden Bewerber, den damaligen Innenminister Markus Ulbig, zurückzog und ebenso wie die AfD und das mit einer eigenen Kandidatin angetretene islamfeindliche Bündnis Pegida zur Verhinderung Stanges aufrief, setzte sich Hilbert im zweiten Wahlgang mit deutlichem Vorsprung durch.

Sieben Jahre später sind die Verhältnisse komplizierter geworden. Bei der Ratswahl 2019 kam das Mitte-links-Lager nur noch auf 35 der 70 Sitze und verlor die eigene Mehrheit. Noch komplexer wurde die Situation, nachdem zwei Grüne, der Stadtrat der Piraten und einer der Partei »Die Partei« eine eigene Fraktion namens »Dissidenten« gründeten. Im Rat werden Beschlüsse nun mit wechselnden Mehrheiten gefasst. Oft gibt die Stimme von OB Hilbert den Ausschlag. Auch deshalb mache es »einen wesentlichen Unterschied, wer in dieser Stadt Oberbürgermeister ist«, sagt Schollbach.

Doch auch die politische Großwetterlage hat sich seit 2015 geändert. Grüne und SPD sind in Sachsen seit 2019 an der Regierung beteiligt, im Bund seit 2021. Auch wenn bei beiden Parteien gehegte Blütenträume etwa von Direktmandaten für den Bundestag nicht gereift sind, fühlen sich beide Parteien auch in Dresden im Aufwind. Die Linke dagegen hat bei Landtags- wie Bundestagswahl herbe Dämpfer einstecken müssen. Als umso wichtiger wird es empfunden, in Wahlkämpfen dezidiert eigene Positionen öffentlich zu vertreten, und um so ersehnter wäre zumindest ein politischer Achtungserfolg.
Schollbach gibt sich zuversichtlich, diesen am 12. Juni erreichen zu können. Im Wahlkampf will er für bezahlbares Wohnen werben, für gut ausgestattete städtische Krankenhäuser, für klare Kante gegen Rechtsextremismus und die »Wiederherstellung des sozialen Friedens in der Stadt«.

Mit wem er sich jenseits des Mitte-links-Lagers wird auseinandersetzen müssen, ist noch weitgehend unklar. Es gilt als sicher, dass OB Hilbert eine zweite Amtszeit anstrebt, offiziell hat seine Kandidatur aber noch nicht erklärt. Und bei der CDU, die jahrelang das Dresdner Rathaus führte, ist nach dem Debakel von 2015 sogar offen, ob sie überhaupt einen eigenen Bewerber aufstellt.

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