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Geschichte des Scheiterns
Zur Kooperation Brandenburgs mit Berlin wurde viel geredet und wenig geleistet
Zu den Wiedergängern der brandenburgischen Politik gehören seit 30 Jahren die Beziehungen zu Berlin. In Abständen von fünf bis sieben Jahren taucht das Thema als wichtig und bedeutsam auf der Tagesordnung des Landtags auf, sorgt auch mal für gemeinsame Ausschusssitzungen mit Berliner Abgeordneten - um danach geräuschlos in der Versenkung zu verschwinden. Mit der Aktuellen Stunde des Landtags am Mittwoch hat die SPD einen neuen Anlauf eingeleitet.
Von einer »gemeinsamen Gewinner- und Zukunftsregion des 21. Jahrhunderts« war die Rede, wenngleich an einen Neuanlauf zur Länderfusion nicht gedacht sei, wie Fraktionschef Daniel Keller gleich zu Beginn klarstellte. Aber Staatskanzleichefin Kathrin Schneider (SPD) scheute sich nicht, von einer »neuen Qualität« der Beziehungen beider Bundesländer zu sprechen. Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) wird ausloten, in welchen Gremien die Kontakte zwischen Brandenburger Landtag und Berliner Abgeordnetenhaus gestaltet werden können.
SPD-Fraktionschef Keller schwärmte davon, dass »aus Nachbarn Partner werden«. Von mehreren Seiten wurde ihm die Frage gestellt, warum dies nach 32 Jahren noch nicht der Fall ist. Für die Freien Wähler wollte der Philip Zeschmann wissen: »Warum haben sie das nicht längst gemacht?« Zumal seit zwei Jahrzehnten beide Länder von der SPD regiert werden.
Laut Keller sind seit 1990 fast eine Million Berliner ins Umland gezogen, im Gegenzug seien etwa 600 000 Brandenburger zumindest zeitweilig Berliner geworden. Die Zahl der Berufspendler sei auf etwa 300 000 pro Arbeitstag gestiegen. Keller versicherte dabei, dass das Land Brandenburg die grüne Lunge der Hauptstadtregion bleibe und als solche »nicht aufgegeben« werde.
Linksfraktionschef Sebastian Walter erklärte, dass am gegenwärtigen Entwicklungsboom keineswegs ganz Brandenburg teil habe, dass es abgehängte Regionen gebe. »Längst befruchten sich beide Bundesländer gegenseitig«, stellte Walter fest. Dies aber nicht nur im positiven Sinne. Denn die Berliner Mietenexplosion wirke sich auch auf das Umland aus, wo die Mieten ebenfalls rapide steigen. »Die Berliner Mietpreise haben sich in zehn Jahren mehr als verdoppelt. Und das spüren wir auch in Brandenburg«, sagte Walter. Dies sei auch vor dem Hintergrund des geringeren Einkommens der Brandenburger fatal. Laut Walter verdienen Brandenburger Beschäftigte im Durchschnitt rund 1000 Euro weniger als ihre Berliner Kollegen. Es sei falsch gewesen, 15 von 31 Kommunen aus der märkischen Mietpreisbremse herauszunehmen, sagte Walter.
SPD-Politiker Keller sagte voraus, dass die weitere Entwicklung der Beziehungen »nicht ganz frei von Spannungen sein« werde. Er empfahl dazu einen »Blick in die Geschichte«. Älteren noch in Erinnerung ist der Versuch Berlins, große Einkaufzentren auf brandenburgischem Nachbarterritorium nicht zu dulden, weil die Kaufkraft und die Steuern nicht dorthin abfließen sollten. Allerdings wurden auch gute Beispiele einer Kooperation angeführt. Staatskanzleichefin Schneider nannte dabei den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) als größten seinesgleichen in Europa. Ferner die gemeinsamen Gerichte: Oberverwaltungsgericht, Landesarbeitsgericht, Landessozialgericht. Alle drei sind für Berlin und Brandenburg zuständig.
Beim 2003 erfolgten Zusammenschluss von Ostdeutschem Rundfunk Brandenburg (ORB) und Sender Freies Berlin (SFB) zum Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) gehen die Meinungen indes schon auseinander, ob man mit dem dadurch halbierten Fernsehprogramm so zufrieden sein könne.
CDU-Fraktionschef Jan Redmann äußerte seine Enttäuschung, dass die Länderehe 1996 nicht geklappt hat. Bei einer Volksabstimmung sagten die Brandenburger damals Nein zu den Plänen von Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und seinem Berliner Amtskollegen Eberhard Diepgen (CDU). Danach wurde bis 2004 versucht, die Länderfusion doch noch irgendwie zuwege zu bringen. Schließlich wurde das Vorhaben von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) abgeblasen.
Auch wenn das 2014 bezogene Potsdamer Landtagsschloss für ein gemeinsames Parlament Berlin-Brandenburg projektiert worden sei - es gehe nicht um die Neuauflage einer Fusionsdebatte, sagte CDU-Politiker Redmann jetzt. Möglicherweise sei die »große Fresse« der Berliner in Erinnerung geblieben, die doch mit einem »riesigen Schuldenberg« dastanden. Berlins CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky hatte seinerzeit mit einem viel zitierten Spruch die Gräben vertieft. Er fantasierte von »sozialistischen Wärmestuben«, die in Brandenburg angeblich ausgekehrt werden müssten. Das hat zur Ablehnung der Länderehe beigetragen.
Der Airport BER gelte als gemeinsamer Flughafen, doch der Schadstoffausstoß werde Brandenburg gut- oder vielmehr schlechtgeschrieben, monierten die Freien Wähler. Ministerpräsident Stolpe wollte den neuen Hauptstadtflughafen einst in Sperenberg bauen lassen. Als Standort ausgewählt wurde stattdessen im Jahr 1996 die dicht besiedelte Gegend von Schönefeld - mit allen sich daraus ergebenden Problemen beim Lärmschutz der Anwohner.
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