Pseudonyme sind kein Problem

Robert D. Meyer über ein Urteil zur Klarnamenpflicht bei Facebook

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Zur Lösung komplexer Probleme werden oft Lösungen propagiert, die logisch klingen, jedoch am Kernproblem vorbeigehen. Um Hass und Hetze zu begegnen, führte Facebook 2015 eine Klarnamenpflicht für seine Nutzer*innen ein.

Die Hoffnung: Wessen Name für alle sichtbar ist, der kotzt seinen rassistischen, antisemitischen, sexistischen und womöglich strafbaren Äußerungen gar nicht erst ins Internet. Ein kurzer Blick in fast beliebige Facebook-Kommentarspalten aber zeigt, wie wenig verbale Enthemmung damit zu tun hat, ob sich jemand hinter einem Pseudonym verstecken kann. Die Enthemmung ist da, weil Teile der Gesellschaft sich zunehmend enthemmen. Offen und für alle sichtbar – nicht nur in sozialen Netzwerken.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs zur Klarnamenpflicht kann leider nur ein Anlass sein, eine Scheindebatte zu beenden. Die Richter*innen sprachen Kläger*innen das Recht zu, auf Facebook unter Pseudonym aktiv zu sein – lediglich das Unternehmen muss den Klarnamen kennen. Da das Urteil auf einer seit 2018 überholten Rechtslage fußt, die ein Recht auf Anonymität noch vorsah, ist es für die Gegenwart faktisch wertlos.

Wer Hass im Netz bekämpfen will, muss zuerst die Justiz personell stärken. Dann besteht auch die Möglichkeit, dass Hetze geahndet wird.

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