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Post aus Peking
Stolzer Start im Zeichen des Tigers
Peking zeigt sich zum Start der Winterspiele von seiner denkbar schönsten Seite: Der Himmel strahlt in kräftigem Blau, der Verkehr ist aufgrund der Neujahrsferien auf ein Minimum beschränkt und die allmählich ankommenden Zugvögel künden vom nahenden Frühling. Was das mit Olympia zu tun hat? Natürlich gar nichts.
Es mag Sie vielleicht überraschen, doch die am Freitag eröffneten Winterspiele fühlen sich selbst in der chinesischen Hauptstadt nach wie vor surreal weit entfernt an. Zwar stehen an Fußgängerbrücken olympische Slogans und in den Parks kunstvolle Wintersportskulpturen. Entlang der Hauptverkehrsadern ist auch stets eine Spur für die Athletinnen und Athleten reserviert. Doch wirkliche Olympiastimmung kommt bisher keine auf.
Auf Wechat und Weibo, den gängigen chinesischen Apps, dominieren ganz andere Themen: Man wünscht sich einen guten Start ins Jahr des Tigers, lästert über nervende Verwandte während der Familienbesuche und ärgert sich noch immer über die blamable Niederlage der Fußballnationalmannschaft in der WM-Qualifikation gegen Vietnam. Das weltweit größte Wintersportfest hingegen ist keine allzu große Herzensangelegenheit. Wie auch? Eine Wintersporttradition gedeiht schließlich nicht über Nacht.
Das bedeutet dennoch nicht, dass die meisten Pekinger nicht auch mächtig stolz auf das Großereignis sind. Dass man als erste Stadt der Welt sowohl Sommer- als auch Winterspiele ausrichtet, steht nicht zuletzt für das neugewonnene Selbstbewusstsein einer Nation, die in den vergangenen zwei Jahrhunderten viel zu lange vom Ausland von oben herab behandelt wurde.
Stolz sind die Chinesen auch auf ihren rasanten Aufstieg zurück an die Weltspitze. Der Westen beklagt die erodierende Menschenrechtslage und systematische Unterdrückung kritischer Stimmen zwar zurecht. Das aber ist nur eine Seite der Medaille. Ebenso wahr ist, dass Peking in den letzten 14 Jahren seit Ausrichtung der Sommerspiele auch eine erstaunliche Entwicklung durchgemacht hat: Die Stadtregierung hat in jener Zeit so viele U-Bahn-Kilometer gebaut wie europäische Metropolen im gesamten 20. Jahrhundert nicht, die Mittelschicht ist um Millionen Hauptstädter angewachsen und die einst apokalyptisch verstaubte Luft ist fast nur noch schmutziges Relikt der Vergangenheit.
Wie sehr die angereisten Journalisten, Sportfunktionäre und Aktiven diese Errungenschaften goutieren werden, ist fraglich. Denn aufgrund der Pandemie finden die Spiele komplett hinter Zäunen und Trennwänden statt. Es wird wegen der potenziellen Infektionsgefahr keinerlei Austausch mit der Bevölkerung geben. Dabei wäre genau dies in Zeiten wie unseren so unglaublich wichtig.
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