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Senegal feiert inmitten von Corona-Lockerungen
Freier Tag nach Sieg bei Afrika Cup in dem westafrikanischen Land, das mit eigenem Impfstoff die Pandemie beenden will
In Dakar herrscht seit Sonntagnacht Ausnahmezustand. Allerdings nicht wegen Corona, sondern wegen den Löwen von Teranga, wie die senegalesische Fußballnationalmannschaft stolz bezeichnet wird. Nachdem Sadio Mané den Elfmeter zum 4:2-Sieg gegen Ägypten verwandelte, war die Freude auf Senegals Straßen grenzenlos und überwältigend. Jubelarien brachen aus, Menschen weinten vor Glück, Bengalos wurden gezündet, unzählige Mopeds und Autos fuhren, dekoriert mit grün-gelbroten Fahnen, durch die Stadt und hupten pausenlos. Dazwischen in den Nationalfarben geschminkte Kinder und Jugendliche, die bis spät in die Nacht den historischen Erfolg feierten. »Senegal, Champion« skandierten sie. Kein Wunder, dass Präsident Macky Sall den Montag kurzerhand zum Feiertag für die siegestrunkene Bevölkerung erklärte. Gegen Mittag stand der große Empfang des Teams in der Heimat an.
Spontan hatte der im Senegal berühmte Sänger Wally Seck ein Konzert vor der bedeutenden Statue der Renaissance des afrikanischen Volkes gegeben. Tausende Senegalesen feierten und sangen mit ihm. Schon zuvor spielte für viele Senegalesen Corona kaum noch eine Rolle im Alltag. Obwohl die vergangene Coronawelle vor etwa zwei Monaten heftig verlief und sich viele Senegalesen angesteckt haben.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Das Leben in der Hauptstadt Dakar läuft derzeit aber wie immer: hektisch, laut und bunt. Vereinzelt sieht man noch Leute mit Atemschutzmasken herumlaufen, die meisten strengen Maßnahmen sind aber weggefallen. Warnte das Auswärtige Amt noch bis Samstag, 5. Februar 2022, von nicht notwendigen, touristischen Reisen nach Senegal abzusehen, gilt dies mit Wirkung vom 6. Februar 2022 nicht mehr.
Die langjährige deutsche Entwicklungshelferin Sinja Buri redet gar von einer Rückkehr zur Normalität in Dakar. Die Menschen hätten andere Sorgen als Corona. Schließlich habe der Senegal bereits Erfahrung mit Seuchen und Epidemien. Erinnert sei an das 2013 und 2014 grassierende Ebolavirus sowie an Krankheiten wie Gelbfieber und Malaria. Auch damals regierte Besonnenheit und Ruhe statt Aktionismus.
Für den Juristen Abdou Mbaye, der abwechselnd in Dakar und in seinem Heimatdorf im Landesinneren lebt, ist Corona zwar eine ernst zu nehmende Krankheit, weit mehr als eine bloße Erkältung. Aber dramatisieren solle man auch nicht, so sein Rat an die »Occidentaux«, also die Westler. Für ihn sei entscheidender, dass alle Dorfbewohner genügend Nahrung und die Kinder Zugang zu Schulen haben. Und für ihn ist auch wichtiger, wie er, zusammen mit dem Dorfältesten, eine Partnerstadt in Deutschland finden kann.
Er sagt: »Wir hier im Dorf leben ruhig und ohne Probleme. Um Corona scheren wir uns nicht viel. Zwar sind immer wieder mal Dorfbewohner krank, aber sie erholen sich auch schnell wieder. Ob das etwas mit Corona zu tun hat, weiß ich nicht.« Ähnlich sei es in Dakar, wo das Leben langsam aber sicher wieder normal verlaufe. »Viele Menschen sind müde von der Pandemie und den entsprechenden Schutzmaßnahmen, die aber sukzessive wegfallen«, sagt Abdou Mbaye.
Der Sieben-Tage-Mittelwert im Senegal bei den Inzidenzen lag am 5. Februar bei 51 und damit relativ niedrig. Insgesamt haben sich laut Johns Hopkins University und dem senegalesischen Gesundheitsministerium bereits mehr als 85 000 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, 1953 sind daran gestorben. Einschränkend muss gesagt werden, dass der Senegal gerade einmal 17 Millionen Einwohner hat. Und dass die Dunkelziffer an Coronavirus-Erkrankungen weit höher liegen könnte, da Schnelltests und PCR-Tests Mangelware sind. Die Entwicklungshelferin Buri spricht daher von wenig belastbaren absoluten Zahlen, »da es schwierig ist, PCR-Tests zu machen ohne Flugticket oder offensichtliche Symptome«. Die Zahl der relativen Veränderungen sei somit belastbarer.
Die Zeichen stehen wieder auf Öffnung und Optimismus, weil das in Dakar ansässige Institut Pasteur einen eigenen Corona-Impfstoff entwickelt und plant, ab Mitte 2022 ihn in Lizenz produzieren zu lassen. Damit könnten viele Menschen in ganz Afrika erreicht und geschützt werden. Experten sprechen von einem Meilenstein für den Kontinent mit seinen insgesamt 1,3 Milliarden Bewohnern. Denn nur, wenn möglichst viele Menschen in Afrika geimpft sind, könne man weitere Mutationen verhindern und die Pandemie endgültig besiegen, so die Meinung - nicht nur - von senegalesischen Gesundheitsexperten.
»Dass wir in Afrika für Afrika produzieren können, wäre eigentlich ein Schlüsselfaktor, um diese Epidemie zu beenden«, sagt der Direktor des Instituts Pasteur, Amadou Sall. Wie weit der Plan tatsächlich schon Mitte 2022 realisiert wird, darüber werde geschwiegen, meint zumindest der Jurist Abdou Mbaye. »Wir wissen nur, dass dort an einem Impfstoff geforscht wird. Wann die ersten Impfdosen an die Bevölkerung verteilt werden, wissen wir leider nicht.«
Mittlerweile wird eher von einer Fertigstellung des Impfstoffes im dritten Quartal 2022 gesprochen. Knapp 1,4 Millionen Senegalesen sind bisher einmal geimpft, Abdou Mbaye sogar zweifach. Er würde sich auch weiter impfen lassen - am liebsten mit einem im Senegal produzierten Vakzin.
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