• Berlin
  • Anpassung von Corona-Maßnahmen

Scheitelpunkt der Omikronwelle in Sicht

2G im Einzelhandel fällt demnächst, Großveranstaltungen sollen auf 10.000 Teilnehmer aufstocken können

  • Claudia Krieg und Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 5 Min.

Die Teilnahme des ehemaligen brandenburgischen Innenministers Karl-Heinz Schröter (SPD) an einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in Hohen Neuendorf (Oberhavel) sorgt für Stunk. »Ich halte es für einen Fehler, was er da macht«, erklärte am Dienstag Sebastian Walter, Linksfraktionschef im Potsdamer Landtag. Denn wie fühlten sich nun Polizist*innen, wenn ihr ehemaliger Chef bei Demonstrationen mitläuft, aus denen heraus teils Gewalt gegen Beamt*innen verübt werde?

Auch bei einer der insgesamt fast 60 Versammlungen und Ansammlungen am Montagabend in Berlin, bei der sich laut Polizei 1800 Menschen eingefunden hatten, war die Aussage deutlich: 600 Personen nahmen an einer Demonstration teil, die vom Alexanderplatz aus zum Vivantes-Klinikum Friedrichshain führte. Ein Krankenhaus anzusteuern, in dem in den vergangenen zwei Jahren Tausende Menschen mit einer schweren Corona-Erkrankung versorgt werden mussten, konnte dabei nur als Provokation verstanden werden. Rettungskräfte des Klinikums beobachteten das Demonstrationsgeschehen vor der Einfahrt zur Notaufnahme stehend.

Neben einer ebenfalls größeren Kundgebung mit 400 Teilnehmenden in Alt-Tegel kamen auch vor dem Rathaus Pankow 400 und vor den Rathäusern Schmargendorf und Steglitz jeweils 200 Teilnehmende zusammen. Man habe diese konsequent auch mit Lautsprecherdurchsagen dazu aufgefordert, sich an die Infektionsschutzmaßnahmen zu halten, erklärte die Polizei am Dienstag. Viele Personen hätten daraufhin die Versammlungsorte verlassen und sich zerstreut.

Angesichts der Demonstrationen in ihrem Bezirk rufen derweil die Pankower Fraktionen der Bündnisgrünen, Linken und SPD gemeinsam für diesen Samstag zu einer Demonstration auf. Unter dem Motto »Impfen statt ›spazieren‹. Gemeinsam die Pandemie bekämpfen. Für Demokratie und Zusammenhalt« wende man sich gegen die sogenannten Spaziergänge, die sich gegen die Corona-Maßnahmen und die Schutzimpfungen gegen Covid-19 richten.

Ebenfalls am Dienstag erklärte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) nach der Sitzung des Senats, dass es sein könne, dass die Hauptstadt sich am Scheitelpunkt der aktuellen Infektionswelle befinde oder dieser wenigstens in Sichtweite sei. Zumindest ließen die aktuellen Zahlen der Labore, die PCR-Tests durchführen, diesen Schluss zu. Genauere Auskunft gab dazu Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne): Die Sieben-Tage-Inzidenz in Berlin betrage derzeit 1640,4, die Zahl sei aber mit Vorsicht zu genießen. »Viele Fälle sind nicht abgearbeitet, aber fünf von zehn Gesundheitsämtern melden tagesaktuell die Fallzahlen«, erklärte die Senatorin weiter. »Eine fünfstellige Zahl liegt noch bei den Ämtern.« Einen deutlichen Sprung nach oben auf 25,2 hat die Hospitalisierungsquote gemacht. Der wert gibt an, wie viele Menschen pro 100 000 Einwohner*innen nach einer Infektion binnen einer Woche ins Krankenhaus eingewiesen wurden.

Auch wenn die Belegung von Intensivbetten mit Corona-Patient*innen bei 17,5 Prozent - das entspricht etwa 200 Menschen - verharre: »Die Belegung der Normalstationen mit Covid-Patient*innen steigt weiter an«, erläuterte die Gesundheitssenatorin. Daran ändere auch die hohe Auffrischquote von 80,4 Prozent bei den über 60-Jährigen nichts.

Laut Gote sinke aber die Auslastung der PCR-Labore. Aktuell liege sie bei 78,1 Prozent, vor zwei Wochen seien es noch über 100 Prozent gewesen. 38,2 Prozent der durchgeführten PCR-Tests bestätigten eine Infektion. »Wir sehen in den Labordaten Hinweise auf einen Scheitelpunkt und das wäre wirklich eine ganz gute Nachricht«, verbreitete auch die Gesundheitssenatorin Optimismus. Trotzdem soll unter anderem die 2G-Regel in Teilen des Einzelhandels mit Zutritt nur für Geimpfte und Genesene vorerst weitergelten.

Der Senat habe sich zwar grundsätzlich verständigt, die vom Handel stark kritisierte Regelung abzuschaffen, sagte dazu Franziska Giffey. Das werde aber erst in der nächsten Senatssitzung in einer Woche passieren. Bis dahin soll eine Lösung auch für andere vergleichbare Bereiche wie Museen oder Bibliotheken gefunden werden. Nach Giffeys Worten werden die Änderungen in der Infektionsschutzverordnung für den Einzelhandel und die genannten Bereiche voraussichtlich ab 18. Februar gelten. Statt 2G soll dort dann eine FFP2-Maskenpflicht greifen.

Die Nachbarländer Berlin und Brandenburg gehen damit in der Pandemie einmal mehr unterschiedlich vor. Das Kabinett in Potsdam hat jedenfalls bereits am Dienstag eine Änderung der Corona-Verordnung beschlossen, die schon an diesem Mittwoch in Kraft tritt und vorerst bis zum 23. Februar läuft. Damit gilt ab sofort eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken in Geschäften, die 2G-Regel für den Handel entfällt.

Für Berlin beschloss der Senat, dass ab kommendem Samstag bei Großveranstaltungen wieder mehr Zuschauer*innen erlaubt sind. Die Obergrenze für Events im Freien wurde von 3000 auf 10 000 Teilnehmende erhöht. Die Auslastung des Veranstaltungsortes darf ab einer Zuschauerzahl von 2001 bei maximal 50 Prozent liegen. Bei Großveranstaltungen drinnen gilt künftig eine Obergrenze von 4000 statt bisher 2000. In allen Fällen greift eine Maskenpflicht sowie die 2G-plus-Regel: Zutritt haben also nur Geimpfte und Genesene mit Test. Eine Ausnahme gilt für Menschen, die geboostert oder frisch geimpft oder frisch genesen sind - sie brauchen keinen Test.

Bei Fragen zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht, die bundesweit beschlossen worden war, blieb Franziska Giffey am Dienstag klar: »Die Aussetzung lehnen wir ab«, wandte sich die SPD-Politikerin deutlich gegen Vorstöße vor allem aus der CDU/CSU aus anderen Ländern, unter anderem in Brandenburg. Beschäftigte in Pflegeheimen und Kliniken müssen bis zum 15. März Nachweise als Geimpfte oder Genesene vorlegen - oder ein Attest, nicht geimpft werden zu können. »Ich bin eine Freundin von Vereinbarungen, die man auch einhält«, betonte Giffey.

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