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Die bedenkliche Umweltbilanz der Winterspiele

Monumentale Bauten und Kunstschnee in kahl-brauner Landschaft

  • Fabian Kretschmer, Peking
  • Lesedauer: 4 Min.

Wenn Manuel Schöpf auf die Abfahrtspiste in Yanqing blickt, tut er dies mit einer gehörigen Portion Stolz. Denn der 36-jährige Tiroler hat bewerkstelligt, was viele als unmöglich abgetan hatten: Trotz zweistelliger Minusgrade, stürmischer Böen und hoher Feinstaubwerte hat der Mitarbeiter von »TechnoAlpin« für Spitzenschnee auf den kahlen Hängen gesorgt: Mit den Zubringerstraßen hat Schöpf rund 30 Kilometer beschneit. Doch wirklich nachhaltig sei seine Arbeit in den Pekinger Bergen nicht, sagt der Österreicher selbstkritisch. Warum man ausgerechnet hier, in einer kahl-braunen Landschaft, ein Skigebiet errichten müsse, habe er auch nicht verstanden. Und auch die monumentalen Bauten - vom Olympischen Dorf bis hin zur Rodelbahn - betrachtet Schöpf skeptisch: »Sotschi war schon extrem, aber hier ist next level«.

Die Umweltbilanz der Spiele ist eine knifflige Angelegenheit. Denn selten klafften Marketing-Slogans und Realität weiter auseinander als in Peking: Die Organisatoren sprechen von den »grünsten« Winterspielen der Geschichte, Kritiker attestieren das genaue Gegenteil. Fakt ist: Die Berghänge rund um Peking zählen insbesondere während der Wintermonate zu den trockensten Gegenden des Landes. Zum Vergleich: In den Berchtesgadener Alpen fällt von November bis Februar zwölf Mal mehr Niederschlag. Dementsprechend laufen die rund 180 Schneekanonen für die alpinen Abfahrten in Yanqing bereits seit Mitte November auf Hochtouren. Zehn Liter Wasser pro Sekunde sprühen sie in die staubtrockene Luft, rund zwei Millionen Kubikmeter werden für sämtliche Anlagen benötigt. Diese werden aus den umliegenden Trinkwasserreservoirs unzählige Kilometer hoch in die Berge gepumpt.

Können das wirklich grüne Spiele sein? Ja, meint Li Xin, der sich um die Schneeproduktion kümmert. Bei einer Tour für die internationale Presse erklärt der Experte, dass man ausschließlich grüne Stromquellen nutzen würde, vorrangig Wind- und Solarenergie. Und der Kunstschnee würde, wenn die Frühlingstemperaturen ihn schmelzen lassen, wieder aufgesammelt werden. Überprüfen lassen sich solche Aussagen nicht.

Gut dokumentiert hingegen ist, dass die gesamten Anlagen in Yanqing - von der Abfahrtspiste bis hin zur hochmodernen Rodelbahn - inmitten eines Umweltschutzgebietes liegen. Dieses wurde kurzerhand von der Regierung umgestaltet. Nun verlaufen die Grenzen des Areals genau an den Olympischen Stätten vorbei.

Unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit sind solche Methoden fragwürdig. Doch die Großveranstaltung in und um Peking herum als dystopische Umweltkatastrophe zu porträtieren, wird den Winterspielen auch nicht gerecht. Ausgerechnet die »Big Air«-Anlage in Shougang, die auf sozialen Medien wegen ihrer düsteren Industriearchitektur als abschreckendes Beispiel angeführt wird, ist tatsächlich das genaue Gegenteil: Noch vor 20 Jahren pumpten hier Stahlöfen ihre Abgase in die verschmutzte Luft, doch im Zuge der Sommerspiele 2008 hat die Stadtregierung sämtliche Schwerindustrie aus Peking verbannt.

Ohnehin haben die Olympischen Sommerspiele vor 14 Jahren umweltpolitisch einiges bewegt. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen kommt in einer aktuell erschienenen Studie zum Rückschluss, dass die Organisatoren die damals selbst gesteckten Nachhaltigkeitsziele erreicht, wenn nicht sogar übertroffen haben. »Durch Maßnahmen zur Minderung der Luftverschmutzung, Investitionen im öffentlichen Verkehr und den Einsatz von erneuerbaren Energien trug das Organisationskomitee der Sommerspiele 2008 dazu bei, die größte Sportveranstaltung der Welt umweltfreundlich zu gestalten«, heißt es. Umgerechnet rund 17 Millionen Dollar seien in Umweltprojekte investiert worden, darunter in Verkehrsprojekte, die Abfallwirtschaft und die Aufforstung von Grünflächen in der Stadt. Insgesamt wurden im Rahmen der Spiele 8800 Hektar Grünflächen neu entwickelt und mit 30 Millionen Bäumen und Rosenbüschen bepflanzt.

Dass diese Olympischen Winterspiele einen ähnlich wünschenswerten Effekt haben werden, ist jedoch zu bezweifeln. Doch es hätte alles noch schlimmer kommen können: Ursprünglich hatten die Organisatoren in Peking vom Kunstschneetechniker Manuel Schöpf gar verlangt, für die »weißen« Fernsehbilder auch sämtliche umliegenden Berghänge zu beschneien. »Das haben wir versucht, aber es ist praktisch unmöglich. Der Wind spielt da nicht mit«, sagt Schöpf. Für die wasserarme Umwelt ist dies wohl auch besser so.

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